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Ein Lächeln im Gesicht

Mittwoch, 05.08.2020

Der regionale Pressemarkt Deutschlands ist zweigeteilt. Viele Tages- und Wochenzeitungen (auch der KREISBOTE) enthalten unabhängige redaktionelle Inhalte, die durch Abonnementerlöse und/oder Anzeigen finanziert werden; dabei sind journalistische Texte und Anzeigen klar erkennbar getrennt. Einige Produkte aber, vor allem monatlich oder zweimonatlich erscheinende Zeitschriften, arbeiten nach einem anderen Prinzip: Sie verkaufen redaktionelle Artikel an Meistbietende. Sie kassieren entweder Geld für positive Beiträge oder verlangen für eine freundliche Pseudo-Berichterstattung die Buchung teurer Anzeigen. So etwas gibt es mehrfach auch in unserer Region.

Man erkennt diese Zeitschriften ziemlich schnell. In ihnen werden an Kundschaft interessierte Anbieter von Waren und Dienstleistungen ohne erkennbaren Grund zum Gegenstand der Berichterstattung gemacht. Keine Geschäftseröffnung, kein rundes Jubiläum; der sogenannte Bericht erfolgt "einfach so". In diesen Fällen ist es wahrscheinlich, dass Geldzahlung eine Rolle spielt. Trotzdem fehlt meist das Wort "Anzeige". Dazu gibt es eine gefestigte Spruchpraxis des Deutschen Presserats. Danach ist die redaktionelle Berichterstattung über Produkte und Dienstleistungen nur zulässig, wenn sie nicht anpreisend ist, keine Bezugsquelle nennt und nicht mit Geld oder geldwertem Vorteil bezahlt wird. Ob der Beitrag aus der Feder des Werbung Treibenden stammt oder ein Journalist beauftragt wurde, "schön" zu schreiben, ist unerheblich.

Gerade flattert uns wieder ein regionales Hochglanzblatt auf den Tisch, bei dem wir Zweifel haben, ob die Seitenplanung wirklich von einer Redaktion gemacht wird. Sechs Seiten Text über ein "wunderschön gelegenes" und "gemütliches" Ausflugslokal, vier Seiten über einen Anbieter von Wanderungen ("ein unvergessliches Abenteuer"), fünf Seiten über einen Autovermieter ("unvergessliches Erlebnis"), immer mit Links auf die Webseiten der Geschäftsinhaber. Es folgen vier Seiten darüber, wie sich die modebewusste Jägerin heute kleidet - mit "verspielten Details" nämlich, die man in einem speziellen Trachtengeschäft erhält. Ebenfalls "mit Liebe zum Detail" ist kurz danach eine Dirndlmacherin "im Dauereinsatz", was sechs Seiten und neun Fotos rechtfertigt. Weiter hinten im Blatt findet man Artikel über den "Direktbezug von frischem Seefisch" (diesmal mit Telefonnummer) und das "traumhafte Café", in dem man "ankommt und sich wohlfühlt" (diesmal mit Öffnungszeiten).

Es fällt auf, dass man sich noch nicht einmal die Mühe macht, die Superlative auszuwechseln. Alles ist unvergesslich und wunderschön. Auch auf der Leserbriefseite übrigens. Die Zuschriften bringen sämtlich höchstes Lob zum Ausdruck. "Ich bin begeisterte Leserin", steht in der ersten Mitteilung. "Ich bin eine begeisterte Leserin", heißt es im zweiten Brief. "Seit Jahren sind ich und mein Mann begeisterte Leser", beginnt die dritte Zuschrift. Interessanterweise ist einer der Briefe an die Chefredakteurin S. gerichtet, die in der vorherigen Ausgabe noch gar nicht Chefredakteurin war - hatte da jemand Insiderwissen? "Ihre Zeitschrift über unsere Region zaubert mir ein Lächeln aufs Gesicht", heißt es weiter. Ja, uns auch: Solche Druckwerke sind nicht Presse, sondern Werbung und PR. Eine Irreführung der Leser. Und eine Schande für den Journalismus.

Quelle: landsbergblog, www.landsbergblog.info. Zurück zum Artikelfeed