Einfach mal behauptet

Mittwoch, 12.05.2021

Heute geht es im landsbergblog um ein Dilemma, das Politik und Medien betrifft. Es besteht darin, dass Politiker des Öfteren etwas behaupten, ohne es zu belegen. Gerne geschieht dies, um eigene Leistungen zu loben und die Anderer zu relativieren. Wenn Zweifel bestehen, dass die Aussage auf verlässlichen Tatsachen beruht - und wenn kein Anwesender nachgefragt hat - stellt sich die Frage: Wie geht man als Presse damit um? Gibt man die Behauptung einfach wieder, nach dem Motto "es ist ja ein Zitat"? Oder merkt man im Artikel an, dass die Angabe zu Zweifeln Anlass gibt? Beide Lösungen sind problematisch. Die erste ist zu wenig Leserservice, die zweite zu viel Generalverdacht.

Ein aktuelles Beispiel: Oberbürgermeistern Doris Baumgartl hat im Finanzausschuss des Stadtrats behauptet, die Stadt Landsberg sei "viel besser durch die Krise gekommen als viele andere Kommunen“. Belegt hat sie diese Aussage nicht; auch hat sie keine Beispiele genannt. Zwei oder drei Kommunen aus dem Kreis der "Vielen" hätte sie doch wenigstens nennen können. Deswegen ist es erlaubt, die Frage zu stellen, woher sie das wissen will. Die Jahresabschlüsse für 2020 sind meist noch nicht erstellt, geschweige denn beschlossen und veröffentlicht. Ihre Analyse würde Zeit und Ortskenntnis erfordern. "Gut" oder "schlecht" ist dabei meist nur im Jahresvergleich ablesbar.

Unklar bleibt daher, an welchem Parameter sich das Landsberger Eigenlob "viel besser als viele andere" orientiert. Geht es um Einnahmen? Das ist eher unwahrscheinlich. Der Bund und der Freistaat haben für das vergangene Haushaltsjahr die Verluste aus der Gewerbesteuer erstattet. Und für 2021 gibt es noch einmal massive Zahlungen aus dem kommunalen Finanzausgleich.

Bezieht sich das "viel besser als andere" vielleicht auf die Kostenseite? Dann müssten viele andere Kommunen ungerechtfertigt viele Ausgaben getätigt oder Landsberg erstaunlich viele Einsparungen erzielt haben. Für das erste gibt es keine Indizien - da hätten die jeweiligen Stadträte und Aufsichtsbehörden den Bürgern ja übel mitgespielt. Und das zweite ist bei uns nicht der Fall. Wir decken Mehrausgaben, zum Beispiel beim Lechsteg oder der Grundschule Erpfting, indem wir auf andere Maßnahmen verzichten. Das ist kein Erfolg, sondern eine Notlösung. Und das Landratsamt hat uns bei der Genehmigung des Haushalts ja nicht freundlich zugenickt, sondern darauf hingewiesen, dass die praktisch schon eingepreiste Kreditaufnahme der Stadt Landsberg im Jahr 2022 nicht genehmigungsfähig sein könnte. Wenn das "viel besser als viele andere" ist, dann müssten die vielen anderen längst den Staatskommissar an Bord haben.

Wie also geht man mit Aussagen um, die unbelegt sind und bei denen Zweifel naheliegen, dass die Aussage auf verlässlichen Tatsachen beruht? Kommentare schreiben ist eine Möglichkeit; auf Dauer wird das aber langweilig. Passender wäre, dass diejenigen, die Adressaten der Aussage sind, nachfragen. "Besser als viele andere Kommunen? Welche sind das? Und woran liegt das?", hätten beispielsweise die Landsberger Stadträte fragen können, statt den Satz nur entgegenzunehmen. Gegen "einfach mal behauptet" gibt es nämlich zwei gute Gegenmittel. Man nennt sie demokratische Kontrolle und politischer Diskurs.

Quelle: landsbergblog, www.landsbergblog.info. Zurück zum Artikelfeed