Geheimsache Demokratie

Mittwoch, 01.06.2022

Landsberg und Denklingen werden sich immer ähnlicher. In der Lechraingemeinde ließ Bürgermeister Andreas Braunegger den Haushalt nichtöffentlich beraten; in der öffentlichen Sitzung gab es dann "keine Erklärung, keine Nachfrage, nur eine schnelle Abstimmung", wie Johannes Jais berichtete. Gemeinderäte, die einen derartigen Verstoß gegen die Gemeindeordnung mitmachen, können nicht ernsthaft wiedergewählt werden wollen.

Auch in Landsberg steht es um die Mitwirkungsmöglichkeiten der Stadträte und der Bürger schlecht. Ausgerechnet Oberbürgermeisterin Doris Baumgartl, die wegen der Wahlversprechen Transparenz und Bürgernähe ins Amt kam, jongliert geradezu mit Kleingremien wie dem Ältestenrat, dem Verwaltungsrat der Stadtwerke, Kommissionen, Arbeitsgruppen und demnächst einer Zweckverbandsversammlung. Sie tagen nichtöffentlich. Nur wenige Auserwählte nehmen teil. Nicht zum inneren Kreis gehörende Stadträte können keinen Einfluss nehmen.

Doris Baumgartl macht mit der Atomisierung der Beratung in Form wechselnd zusammengesetzter Zirkel Demokratie zur Geheimsache. Am Beispiel des häufig tagenden Ältestenrats wird das besonders deutlich. Er ist in der Gemeindeordnung nicht vorgesehen. Es kann daher allenfalls dazu dienen, die Oberbürgermeisterin bei der Vorbereitung der Beratungsgegenstände zu unterstützen und Absprachen über den Sitzungsverlauf zu treffen. Er kann aber nicht Ort der Information, Beratung, Meinungsbildung und Kompromissfindung sein. Dafür gibt es - lückenlos - den Stadtrat und die Ausschüsse. Wenn sich ausgeschlossene Stadträte mit dem Hinweis abspeisen lassen, sie könnten ja als (stumme) Zuhörer kommen, sind sie selber schuld.

Die ganze Strategie dient zuweilen dazu, gar nichts zu tun. Man berät, aber ohne Fortschritt. Die Folge ist, dass bei wichtigen Themen das Momentum verloren geht. Beispiel Papierbach. Dort ist eine konstruktive Mitwirkung der Stadt nicht mehr erkennbar. Kulturbau, Gleisüberquerung, Tiefgaragenplätze, Mobilität, Bahnhofsparkhaus, Kitas, Gastronomie, Einzelhandel - hier bedürfte es klarer Konzepte und Akzente, auch im Interesse der Altstadt. Das Projekt steht auf zwei Säulen, gebildet durch die Stadt und den Projektentwickler. Wenn das Zaudern so weitergeht, verkümmert eine davon. Dann bleiben Aufenthalts- und Wohnqualität auf der Strecke, das Quartier wird auf Wohnblocks reduziert, der Brückenschlag nach Westen misslingt. Gestalten wir nun oder verwalten wir nur? Diese Frage muss man Stadtrat und Oberbürgermeisterin zwei Jahre nach Amtsantritt deutlich stellen. Wir brauchen eine strukturelle und inhaltliche Wende, und zwar sofort.

Quelle: landsbergblog, www.landsbergblog.info. Zurück zum Artikelfeed