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Nicht nur ein Zahlenwerk

Mittwoch, 01.07.2020

Es gibt in Landsberg einen Betriebswirt, der sofortige radikale Kürzungen im städtischen Haushalt fordert. Man müsse das Worst Case-Szenario der Einnahmeausfälle ermitteln, eine Haushaltssperre beschließen und jeder Abteilung Kürzungen aufgeben. Dass der Landsberger Stadtrat derzeit so nicht vorgehe, sei eine "Bankrotterklärung" und der "Verlust der Handlungsfähigkeit" - "anscheinend weiß niemand, wie in einer Finanzkrise vorgegangen werden muss".

Was da gefordert wird, widerspricht der gemeinsamen Haltung der Regierungskoalitionen im Bund und im Freistaat, den Forderungen der kommunalen Spitzenverbände und den Empfehlungen der Wirtschaftsforscher, unter anderem des Ifo-Instituts. Sie sind sich einig: Die Kommunen müssen ihre Aufgaben der Daseinsvorsorge trotz der angespannten Finanzsituation unverändert zuverlässig erfüllen. Sie sind außerdem als Auftraggeber für Investitionen wichtige Impulsgeber für die Wirtschaft.

Daher haben sich die Regierungen in Berlin und München im "Kommunalen Solidarpakt 2020" verpflichtet, jeweils hälftig die aktuellen krisenbedingten Ausfälle der Gewerbesteuereinnahmen der Städte und Gemeinden zu kompensieren. Der Bayerische Städtetag kommentierte: "Das Paket stärkt Bürger, Wirtschaft und Kommunen. Der Umfang von 130 Milliarden Euro ist der historischen Herausforderung angemessen." Nun komme es auf eine zügige Auszahlung entsprechend der Mindereinnahmen an. Daher war es richtig, dass die Landsberger Stadträte die Investitionsplanung lediglich um das bereinigt haben, was im Jahr 2020 ohnehin nicht mehr in Angriff genommen werden kann. Mit weiteren Kürzungen würde die Stadt sich, ihren Unternehmen und ihren Bürgern unnötig schaden.

Interessant ist, dass ein kommunaler Haushalt zuweilen primär als Zahlenwerk angesehen wird. Er ist aber das Abbild realer Prozesse, die Menschen betreffen. Landsberg bezuschusst die Kosten für die Kinderbetreuung und fördert die Mittagsverpflegung. Natürlich kann man das jetzt kürzen, aber dann müssen eben andere, hier die Eltern, den Fehlbetrag übernehmen, womit manche ausgegrenzt werden. Die Stadt betreibt ein Theater. Ja, man kann ihm Mittel entziehen, aber dann leidet die Qualität so, dass es mittelfristig keinen Zuspruch mehr findet. Wir können auch den Weiterbau von Brücken und Straßen sowie die Sanierung von Gebäuden ad hoc einstellen. Aber dann haben wir lauter unvollendete Baustellen und verschimmelnde Bausubstanz. Was ist das für eine Lebensqualität?

Eine Kommune ist kein Freizeitcamp, in dem man die ein oder andere Belustigung aus finanziellen Gründen auch mal weglassen kann. Musikschule und Stadtbücherei, Schulbusse und Nahverkehr, Inselbad und Stadtgrün, Straßenreinigung und Winterdienst sind nicht entbehrlich. Es sagt sich so leicht, dass man da etwas kürzen soll. In einer Stadt, die sorgsam mit dem Geld umgeht, ist der Spielraum dafür sehr gering. Deswegen können alle kommunalen Gebietskörperschaften dankbar dafür sein, dass Bund und Länder eben sehr wohl wissen, wie in einer Finanzkrise vorgegangen werden muss. Indem man die Kommunen nicht im Regen stehen lässt, sondern unterstützt, und Investitionen nicht einstellt, sondern fördert. Wer selbst in der Krise noch schwarze Nullen will, vergisst Sinn und Zweck kommunaler Daseinsfürsorge: Im Mittelpunkt steht der Mensch und nicht die Zahl.

Quelle: landsbergblog, www.landsbergblog.info. Zurück zum Artikelfeed