Reserveplanung? Bei uns nicht.

Mittwoch, 03.03.2021

Flughafen München. Ihr Flieger in die USA ist leider ausgebucht. Es gibt eine Warteliste. Da stornieren einige Passagiere ihre Reservierung; es werden Plätze frei. Die Fluggesellschaft ruft daraufhin die Wartenden an. Erst Platz 1 der Liste, dann Platz 2, dann Platz 3 - solange bis die Maschine wieder voll ist. Die weiter hinten Notierten rücken auf. Das ist normal, finden Sie. Was aber hielten Sie davon, wenn die Fluggesellschaft die Telefonanrufe mit der Begründung ablehnt, das überfordere sie? Wenn sie die Wartenden ignoriert und die freien Plätze in den eigenen Reihen verteilt? Was würden Sie als Betroffene dazu sagen?

Fliegerhorst Penzing. Weit über 100.000 Menschen hoffen darauf, hier bald geimpft zu werden. Wer wann dran ist, das ist vom Staat "priorisiert". Wenn Plätze frei werden, gilt das gleiche Prinzip wie bei dem USA-Flug: Dann ist eine andere Person "aus der am höchsten priorisierten Gruppe“ an der Reihe. Und „wenn das nicht möglich ist“, Personen aus der nächsthöheren Priorisierungsgruppe. Was bei der Fluggesellschaft die Warteliste ist, das ist beim Impfzentrum die "Reserveplanung". Die Impfzentren "wurden dazu aufgefordert, eine Reserveplanung vorzunehmen". Alle Zitate stammen vom Gesundheitsministerium des Freistaats Bayern. Doch das Landratsamt lässt erkennen, dass sich das Landsberger Impfzentrum nicht in der Lage sieht, im Fall freier Slots die nächsten zur Impfung berechtigten Personen anzurufen. "Eine Nachrückerliste können wir aufgrund der hohen Anfrage leider nicht koordinieren." Stattdessen impfe man dann Mitwirkende aus Verwaltung und Organisationen, egal ob sie jung oder alt sind und unabhängig davon, wie dringend die Einzelnen die Impfung brauchen (Bericht im heutigen KREISBOTEN auf Seite 3).

Das ist in dieser Systematik - nicht als Ausnahme, sondern als Regel - nicht nur unzulässig; es ist dazu noch ein Armutszeugnis. Wenn man nicht genug Mitarbeiter zum Telefonieren hat, dann muss man sich eben Hilfe holen. Es steht nicht in der Macht der Behörde, die vorgesehene Priorisierung zu ändern und leichter kontaktierbare Personen (auch aus dem eigenen Amt) zu bevorzugen. Die Behauptung, anders sei das nicht möglich, ist der Versuch, sich der Priorisierungs-Thematik mit einer einzigen Mitteilung zu entledigen. So eine Erklärung ist inakzeptabel, zumal sie Intransparenz zur Methode macht und Begünstigung nicht ausschließt.

Deswegen gilt es auch, bei der "Impfquote" im Landkreis genau hinzuschauen. Natürlich interessiert uns, wie viele Personen insgesamt geimpft wurden. Uns interessiert aber noch mehr, wieviele Personen entsprechend ihrer Priorisierung zum richtigen Zeitpunkt geimpft wurden. Das Windhundprinzip macht die Statistik schön, aber die Gerechtigkeit bleibt auf der Strecke. Das Landratsamt verspielt damit erneut die Chance, in der Corona-Krise Leistungsfähigkeit zu beweisen, über sich hinaus zu wachsen und eigene Interessen hintanzustellen. Die äußerst ungenügende Informationspolitik macht das Ganze noch schlimmer. In anderen Landkreisen unterrichten die Kreisbehörden zuverlässig und regelmäßig. Sie engagieren sich, um Schutz zu gewährleisten. Sie werben dafür, sich impfen zu lassen. Unser Landratsamt ist derzeit dagegen wie ein Jagdhund, den man zur Jagd tragen muss: nicht agil und nur begrenzt nützlich.

Quelle: landsbergblog, www.landsbergblog.info. Zurück zum Artikelfeed