Spinnennetz definieren

Mittwoch, 03.11.2021

Ab Montag gibt es zwei neue Buslinien, die das Industriegebiet im Frauenwald mit mehreren Haltestellen an das Stadtbusnetz und an den Bahnhof Kaufering anschließen. Den offiziellen Startschuss dafür gaben Oberbürgermeisterin Doris Baumgartl und Landrat Thomas Eichinger schon heute. Das schreibt der KREISBOTE am 27. November 2020. Der Landkreis habe diese Linien schon 2011 gewollt, sagt ein Vertreter des Landratsamts bei einem Pressetermin. Bisher seien sie jedoch an der Zustimmung des Stadtrates gescheitert. Das Edeka Logistikzentrum nehme 125 Jahrestickets ab, die das Unternehmen seinen Mitarbeitern zur Verfügung stelle.

Am 25. Oktober 2021 teilt der Landkreis mit, auf der Linie 302 habe es in der gesamten Laufzeit nur Einnahmen von 334,60 Euro gegeben. Und bei der Linie 6 seien es glatte 0 Euro – kein einziger Fahrgast wurde transportiert. Die Kosten für die beiden Linien hätten allerdings 177.524 Euro betragen, jeweils 89.000 für Stadt und Landkreis. Von den 125 Jahrestickets seien nur vier an Angestellte weitergegeben worden. Die Maßnahme werde eingestellt.

Daraus lernen wir zweierlei. Zum einen muss man offenbar noch spitzfindiger sein, was Angaben von Stadt und Landkreis betrifft. Das Edeka Logistikzentrum hat die Jahrestickets offenbar nicht "abgenommen", sondern nur in Kommission genommen, sonst wären die Einnahmen ja höher. Man hätte also nachfragen müssen: "Sind das bereits Einnahmen oder es ist es nur die Hofnung darauf?"

Zum anderen: Wie kann man denn ein Busunternehmen beauftragen und bezahlen, ohne zuvor die Bereitschaft zur Nutzung der beiden neuen Linien verlässlich erkundet zu haben? Es gibt jede Menge Mittel, die Wege abzufragen. Wenn Sie den Bus nehmen, welche Verkehrsmittel benutzen Sie dann nicht mehr? Wie kommen Sie von zu Hause zu einer der Bushaltestellen? Wird Ihr Weg zur Arbeit durch die neuen Buslinien kostengünstiger / bequemer / einfacher? Man hätte schnell gemerkt: Das wird nichts. Zumal die ArbeitnehmerInnen ja vor Ort kostenlos parken. Das Fiasko war vermeidbar, die 177.524 Euro Steuergelder (minus 334,60 Euro Einnahmen) hätte man sich sparen können.

Nicht lernen können wir allerdings, dass ein Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel generell undurchführbar ist. Er muss nur den gesamten Weg berücksichtigen, den Takt, die Umstiegsstellen vom Auto oder vom Fahrrad auf den Bus und natürlich auch den Zeitaufwand. Man kann nicht einfach eine Maßnahme punktuell vornehmen und glauben, das sei bereits attraktiv. Das erfordert, ein komplettes Spinnennetz der Mobilität zu definieren. Nur wenn die Komponenten ineinander greifen, klappt die Sache. Da haben Landkreis und Stadt wieder was gelernt.

Quelle: landsbergblog, www.landsbergblog.info. Zurück zum Artikelfeed