Zweifache Unsicherheit

Mittwoch, 04.08.2021

Was muss der Stadtrat behandeln? Und was davon öffentlich, was nichtöffentlich? Bei beiden Fragen scheint es in Landsberg noch Unsicherheit zu geben. Zwei aktuelle Fälle - beide aus dem Bereich der Auftragserteilung an Gastronomen - unterstreichen das.

In der vergangenen Woche stand die Vergabe der Mittagsverpflegung an den städtischen Schulen auf der Tagesordnung des nichtöffentlichen Teils der Stadtratssitzung. Einen Anlass für die Beratung ohne Zuhörer und Presse gab es offenbar nicht; der zu Sitzungsbeginn gestellte Antrag der CSU-Fraktion zur öffentlichen Behandlung wurde jedenfalls angenommen. Es kann Konstellationen geben, bei denen eine nichtöffentliche Beratung angezeigt ist, etwa wenn es um die Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit und Erfahrung von Bietern geht. Wenn aber wie am Mittwoch nur noch die Beauftragung des günstigsten (unstreitig zuverlässigen) Bieters ansteht, gibt es keinen Grund zur Geheimhaltung. Spätestens wenn "Albrechthof"-Lieferwagen vor den Schulen parken, weiß man eh, wer den Zuschlag erhielt. Auch war die Angebotssumme keine Überraschung; sie entsprach trotz Erhöhung des Bio-Anteils fast genau den Haushaltsmitteln.

Der Ad-hoc-Thementransfer in den öffentlichen Teil führt dazu, dass interessierte Bürger über die anstehende Beratung nicht informiert sind, weil das Thema nicht auf der ihnen zugänglichen Tagesordnung steht. Außerdem finden sich die Unterlagen nicht im Ratsinformationssystem; auch nachträglich wurden sie bis zum Redaktionsschluss dort nicht eingestellt. Besser wäre daher, dass die Entscheidung öffentlich / nichtöffentlich von der Oberbürgermeisterin so zuverlässig getroffen wird, dass Korrekturen überflüssig sind.

In einem zweiten Verfahren spielt die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen der Oberbürgermeisterin und dem Stadtrat eine Rolle. Die Verwaltungschefin darf nur Entscheidungen treffen, wenn es um regelmäßig wiederkehrende Angelegenheiten der laufenden Verwaltung geht. Die Frage, an wen die Stadt die Gaststätte im stadteigenen Sportzentrum verpachtet, fällt sicher nicht in diese Kategorie. Der Stadtrat war zwar eingeschaltet; er hat nach Auskunft der Verwaltung vor geraumer Zeit nichtöffentlich über "die Nachbesetzung der Pacht" beraten. Mit der Auswahl zwischen den fünf Bewerbern (siehe Bericht auf dieser Seite) war er aber nicht befasst. Wer den Zuschlag bekam, das wurde vielmehr in einer Runde entschieden, bei der "Mitarbeiter(innen) der Stadtverwaltung wie auch Mitglieder des Stadtrats zugegen waren".

Zum einen: Entweder das Thema ist OB-Sache oder es muss in den Stadtrat. Dort gehört es dann wegen der Prüfung der Kompetenz und Geeignetheit der Bewerber in den nichtöffentlichen Teil. Eine Mischform in Form des "Zugegen-Seins" einiger Stadträte sieht die Gemeindeordnung nicht vor; damit kann man die Beratung im Stadtrat vorbereiten, aber nicht ersetzen. Der zweite Punkt: Die Frage, ob und wann die Pacht wieder ausgeschrieben wird, hätte in den öffentlichen Teil gehört; für verschlossene Türen gab es bei diesem Thema soweit ersichtlich keinen Grund. Man sieht: Nicht immer gelingt den Handelnden die konkrete Umsetzung der Gemeindeordnung. Auch der Stadtrat braucht in dieser Hinsicht mehr Problembewusstsein.

Quelle: landsbergblog, www.landsbergblog.info. Zurück zum Artikelfeed