Einsilbig und zweideutig

Mittwoch, 06.01.2021

Am Anfang sah alles noch ganz gut aus: Oberbürgermeisterin Doris Baumgartl machte ihre Gegenkandidaten von den Grünen und der SPD zu Bürgermeistern. Sie bildete damit erstmals ein Führungsteam und zugleich so etwas wie eine Stadtrats-Koalition. Aus ihren Aussagen vor der Wahl konnte man zudem schließen, dass sie sich in besonderem Maß um Kommunikation und Konsens bemühen würde. Die 100-Tage-Bilanz fiel daher positiv aus. Neun Monate nach Baumgartls Amtsantritt (sie übernahm die Geschäfte Anfang April 2020) ist aus Zuversicht aber Irritation geworden. Die Haushaltsberatung im Verwaltungs- und Finanzausschuss verlief chaotisch. Stadträte mussten Unterlagen nachfordern. Die Kämmerei und die Chefetage verfolgten unterschiedliche Ansätze. Die Finanzplanung lässt befürchten, dass die Stadtführung in die Schuldenfalle tappt, aus der man nur wieder herauskommt, indem man Gebühren erhöht und Leistungen kürzt. In ihrem jüngsten Bürgerbrief vom Januar 2021 schreibt Baumgartl nebulös, es werde "massive Einschnitte" geben. Welche? Und für wen?

Das ist nicht der einzige Fall, in dem man klare Aussagen der Oberbürgermeisterin vermisst. Ihre Haltung zum Papierbach-Projekt ist undurchschaubar. Den Wortbruch in Sachen "Jahnstraße" ließ sie kommentarlos geschehen. Zur Haushaltspolitik des Landkreises hört man kein Wort. Die Pressearbeit ist weitgehend auf organisatorische Mitteilungen reduziert, die auch noch Fehler enthalten - ein "Bürgermeister Hatzmann" darf eigentlich nicht passieren. Baumgartl hat die Pressestelle um eine Mitarbeiterin von außen erweitert, die zuvor Immobilienmaklerin war. Und sie hat die Verwaltung, in der sich viele Beamte und Angestellte mehr Klarheit über den Kurs der Oberbürgermeisterin wünschen, Insider-Informationen zufolge zur Einsilbigkeit ermahnt. Aus dem Stadtrat gibt es ebenfalls Kritik: Baumgartl sei zwar oft auf Fotos zu sehen, politisch aber eher abgetaucht.

Irritierend wirken auch Baumgartls Aussagen im jüngsten Bürgerbrief zu Gastronomie und Einzelhandel. "Inwieweit sie fortbestehen, in welcher Form sie umstrukturiert werden, das wird sich sicherlich erst in den kommenden Monaten zeigen. Ohne Umbrüche wird es vermutlich kaum gehen. Ein Nachholbedarf, wie im Bereich der Digitalisierung, ist offen zutage getreten." Die Stadt sei dabei gefordert. Beide Bereiche über einen Kamm zu scheren, ist gewagt. Aber der entscheidende Punkt ist ein anderer: Die Stadt hätte doch längst eine "Task Force Innenstadt" bilden können, so wie es anderswo geschah. Eine gemeinsame Online-Plattform, Beratung und Verkauf per Video sowie die Organisation von Bring-Diensten, all das wäre dann wohl bereits eingeführt. Politik erschöpft sich doch nicht in der Analyse; sie wird am Handeln gemessen! Und was meint Baumgartl damit, es werde "sich zeigen, inwieweit Gastronomie und Einzelhandel fortbestehen". Das ist ja fast schon ein Abgesang.

Viele der personalisierten Weihnachtskarten unterschrieb die Oberbürgermeisterin im Dezember nicht wie früher mit "Ihre Doris Baumgartl". Diesmal stand da nur noch "Baumgartl". Wieder keine Kommunikation, wieder kein Zeichen der Verbundenheit. Das ist sicher nur Zufall. Man kann es aber auch als Sinnbild sehen: Die Stadt ist unter der neuen Oberbürgermeisterin einsilbig und zweideutig geworden. Und das ist kein guter Start ins neue Jahr.

Quelle: landsbergblog, www.landsbergblog.info. Zurück zum Artikelfeed