Unbebaut? Bepreisen!

Mittwoch, 06.10.2021

Es ist schon erstaunlich: Da möchte die CSU in Berlin zusammen mit ihrer Schwesterpartei CDU führender Teil einer "Zukunftskoalition" werden. Dazu verspricht sie, in Sachen Klima, Umwelt, Verkehr und Wohnungsbau jetzt aber mal richtig große Reformen einzuleiten. Gleichzeitig macht sie in Bayern eine andere Politik. Im aktuellen Gesetzentwurf der bayerischen Staatsregierung zur Neuregelung der Grundsteuer ist kein Tarif für Investoren vorgesehen, die Grundstücke brach liegen lassen ("Grundsteuer C"). Bauträger und Projektentwickler können also nach wie vor Grund und Boden kaufen, gelegentlich roden, auf einen Wertzuwachs warten, mit ihm ihre Bilanzen aufhübschen und dann wieder mit Gewinn abstoßen, egal welche Baumaßnahme - meist geht es um Wohnungen - sie vorher versprochen haben. Manchmal erstellen oder verändern Kommunen für sie sogar Bebauungspläne. Oft erteilen sie Befreiungen von den Planfestsetzungen. In vielen Fällen hat die Verwaltung schon Bauanträge genehmigt. Jeder dieser Schritte macht das überplante Areal noch ein Stück wertvoller. Trotzdem zahlen die Spekulanten weder Grundsteuer A (Agrar) noch Grundsteuer B (Wohnen).

Es gibt zwar Instrumente, das spekulative Verhalten zu sanktionieren. Dazu kommen vor allem städtebauliche Verträge in Frage. Aber sie zu verhandeln bedarf intensiver rechtlicher Beratung, ist dementsprechend teuer und kostet viel Zeit. Außerdem weiß man von vorneherein nur selten, welche Unternehmen spekulativ unterwegs sind. Deswegen wäre eine Grundsteuer C viel einfacher. Am Freitag hat sich der Bayerische Städtetag dazu noch einmal zu Wort gemeldet. "Vielfach berichten Bürgermeisterinnen und Bürgermeister von Grundeigentümern, die trotz bestehendem Baurecht ungenutzte Baugrundstücke in Ortszentren bevorraten, ohne konkret eine Bebauung zu planen. Eine Grundsteuer C kann als Steuerungsinstrument gegen Bodenspekulation wirken, damit Eigentümer motiviert werden, ungenutzte Grundstücke mit Wohnungen zu bebauen oder an Bauinteressenten zu verkaufen. Mit diesem Instrument lässt sich zudem die Ausweisung von Bauland an Ortsrändern eindämmen und kann ein Beitrag zum Flächensparen geleistet werden.“

Formulieren wir das mal aus Sicht der Bürger. Sie müssen, ob Eigentümer oder Mieter, direkt oder über ihre Mietnebenkosten pünktlich Grundsteuerzahlungen leisten, in Bayern insgesamt 1,83 Milliarden Euro pro Jahr (2020). Gleichzeitig zahlen sie höhere Kaufpreise oder Mieten, weil das Angebot an Wohnungen die Nachfrage nicht abdeckt. Der Staat verzichtet aber darauf, diejenigen zur Kasse zu bitten, die diesen Mangel zielgerichtet aufrecht erhalten. Was bitte motiviert die Staatsregierung zu einem solchen Vorgehen? Wieso erlaubt sie, dass mitten in unseren Städten rechtlich geschützte Spekulationsreservate entstehen? Wieso hilft sie den Eigentümern, Mietern und Wohnungssuchenden nicht? Das Bepreisen unbebauter Grundstücke wäre eine einfache, verfassungsrechtlich unstreitig zulässige und von der Verwaltung gut handhabbare Lösung. Sie verhindert ja noch nicht einmal die Spekulation, sondern macht sie nur ein Stück unattraktiver. Wenn noch nicht einmal das, was gehört denn dann zu einer "Zukunftskoalition"?

Quelle: landsbergblog, www.landsbergblog.info. Zurück zum Artikelfeed