Einfache Parolen

Mittwoch, 07.07.2021

Über die mögliche Ansiedlung des Steico-Werks zur Herstellung natürlicher Dämmstoffe ganz im Süden des Penzinger Gemeindegebiets lässt sich trefflich diskutieren; keine Frage. Die Grünen sind dazu in Form einer Demonstration in Vorlage gegangen und haben klare Statements abgegeben: Keine Umwandlung von landwirtschaftlichen Flächen! Gewerbe nur ins Gewerbegebiet! Steico muss auf den Fliegerhorst! Zwar betonen die Grünen, dass das "Naturbausystem" des Feldkirchener Unternehmens ganz nach ihrem Geschmack ist. Auch sind die entstehenden Arbeitsplätze in der Region willkommen. Aber die Politik soll dafür sorgen, dass das Werk an anderer Stelle entsteht.

Nun leben wir gottlob nicht in einem Staat, in dem man einem Unternehmen einfach irgendwelche Flächen zuweisen kann. Man kann sie ihm allenfalls vorschlagen. Diese Vorschläge sollten dann auch funktionieren. Steico den Standort Fliegerhorst anzutragen, ist sicher keine Option. Noch ist der Fliegerhorst überhaupt kein Gewerbegebiet. Noch gehört er vollständig dem Bund und ist weder an die Gemeinden noch Projektentwickler verkauft. Noch ist die verkehrsmäßige Erschließung in weiter Ferne. Noch sind die Altlasten nicht beseitigt. Noch ist die Konvergenzfläche unparzelliert. Noch ist die Beschlusslage des Gemeinderats und des Stadtrats eine ganz andere. "Steico muss auf den Fliegerhorst", das ist, mit Verlaub, eine so verkürzte und verfrühte Forderung, dass es nur eine Erklärung dafür gibt: Mehr Text gab das Pappschild nicht her.

Ähnliche Platzprobleme muss es bei der zweiten Forderung gegeben haben: "Gewerbe nur ins Gewerbegebiet". Das Areal wird ja bereits gewerblich genutzt; das Nasslager Stillern lagert und bewässert direkt nebenan seit 2017 bis zu 100.000 Festmeter Rundholz. Zur Eröffnung schrieb der KREISBOTE: "Im laufenden Betrieb werden künftig mit Bäumen beladene 40-Tonner von und nach Stillern rollen. Der Standort dafür scheint ideal: Obwohl die schweren Lkw durch Penzinger Gemeindegebiet rauschen, müssen sie nie direkt an Wohngebieten vorbei. Die Anbindung über die A96 ist gut – parallel zur Autobahn und fernab jeglicher Anwohner führt der Fahrtweg in die abgelegene Einöde." Dem ist auch in Sachen Steico nichts hinzuzufügen: Die Verkehrswege sind vorhanden. Platz ist genug da. Wohngebiete werden nicht tangiert. Das ist doch eigentlich der Idealfall für ein neues Werk.

Außerdem: Kann man wirklich apodiktisch fordern, dass kein Feld in dieser Republik mehr in Wohn- oder Gewerbeflächen umgewandelt wird? Klar, Erholungsgebiete müssen erhalten bleiben. Aber Stillern ist kein solches Gebiet; der Autobahnlärm ist dort fast unerträglich. Und Wald wollen wir auch nicht gerne opfern; aber das ist in Stillern auch nicht nötig. Wer nur in bestehenden Gewerbegebieten Neu-Ansiedlungen akzeptieren möchte, der wird einen Rückgang an Arbeitsplätzen bekommen, denn bis ein stillgelegtes Werk rückgebaut ist und Platz für ein Neues machen kann, können Jahre oder Jahrzehnte vergehen.

Dies ist kein Plädoyer für die Ansiedlung von Steico in Stillern; dafür sind viel zu viele Fragen offen. Aber es ist ein Plädoyer dafür, die Diskussion im Detail zu führen und sie nicht durch Parolen einzudämmen, die arg einfach sind.

Quelle: landsbergblog, www.landsbergblog.info. Zurück zum Artikelfeed