Ausdruck von hohem Niveau

Mittwoch, 07.10.2020

Vertreten durch das Wasserwirtschaftsamt Weilheim hat der Freistaat Bayern die 100 Jahre alten Hochwasserschutzmauern in Landsberg saniert. Die Maßnahme, die elf Monate gedauert hat, stellt die Sicherheit der lechnahen Stadtteile vor Hochwasser wieder her und fördert zugleich den Natur- und Artenschutz am Fluss. Das Investitionsvolumen betrug fünf Millionen Euro.

Wer die öffentliche Diskussion und Berichterstattung dazu verfolgt hat, las vor und während der Bauzeit vor allem etwas über lästige Probleme und störende Einschränkungen. Der (alte) Stadtrat sorgte sich um mögliche Schäden an den Geh- und Radwegen; er weigerte sich sogar, das Vorhaben "zustimmend" zur Kenntnis zu nehmen. In den öffentlichen Mitteilungen der Stadt ging es fast nur um die notwendigen Sperrungen. "Lechpark wieder erreichbar", hieß es zuletzt im Bürgerbrief vom Februar 2020, das sei eine "gute Nachricht". In Wirklichkeit ist die gute Nachricht, dass der Freistaat Bayern viel Geld in die Hand genommen hat, um die Landsberger Altstadt und ihre Bewohner, Händler und Dienstleister vor Hochwasser zu schützen. Sind wir eigentlich schon so auf den Moment und unsere Bequemlichkeit konzentriert, dass wir den Blick fürs Wesentliche verlieren?

Dass dies so sein könnte, zeigt das Verhalten vieler Besucher, die am Klösterl Absperrungen weggeschoben oder sogar beschädigt haben, um sich ihren Weg durch die Baustelle zu bahnen. Das Prinzip "Ich" schlug hier in vollem Umfang durch. Dass umgekippte Zäune und durchtrennte Ketten repariert werden müssen, was Zeit und Geld kostet, war den Beteiligten offenbar egal. In vielen Fällen handelte es sich um Familien, die mit ihren Kindern unterwegs waren; da lernt man was fürs Leben. Viele wählten den Weg übers Klösterl sogar in voller Absicht. Das Städtische Forstamt hatte die Sperrung überall bekannt gegeben und auch geradezu vorbildlich alternative Zugänge zum Wildpark aufgezeigt und ausgeschildert.

Eigentlich ist die Sache doch leicht zu verstehen. Nichts hält ewig; nichts steht auf ewig täglich zur Verfügung. Kein Kindergarten, kein Stadtmuseum, kein Hauptplatz, keine Ufermauer, keine Fahrstrecke, kein Fußweg. Das Problem ist, dass wir Dinge, an die wir uns gewöhnt haben und die wir schätzen, so fest in unseren Lebensstil implementieren, dass wir davon nur noch schwer abweichen können. Vielleicht ist es gerade dieses unreflektierte Anspruchsdenken auf kontinuierlichen Komfort, das in Sachen Corona immer wieder Dämme brechen lässt.

Und noch etwas sei festgehalten. Dass die Hochwasserschutzmauern in Landsberg nun saniert sind, liegt daran, dass aufmerksame Behörden sie regelmäßg überprüft und ihren Zustand ermittelt haben. Und daran, dass ein leistungsfähiger Staat genügend finanzielle Mittel aufbringen konnte, um sie wieder sicher zu machen. Wer mit dem Finger über die Weltkarte fährt, wird nur auf wenige Länder stoßen, in denen eine ähnliche Sorgfalt an der Tagesordnung ist. In ganz vielen Regionen sind Überschwemmungen und Erdrutsche, Einstürze und Waldbrände wiederkehrende Ereignisse, die Menschenleben kosten und Menschen ins Unglück stürzen. Dass dies bei uns nicht so ist, kann man nicht genug hervorheben. Und deswegen ist auch die Sanierung der Ufermauern in Landsberg am Lech keine Störung und kein Ärgernis, sondern Ausdruck eines Lebens auf hohem Niveau.

Quelle: landsbergblog, www.landsbergblog.info. Zurück zum Artikelfeed