88 Prozent Nicht-Retter

Mittwoch, 07.12.2022

Die Entscheidung ist gefallen: Die Landsberger haben die Beschlüsse des Stadtrats zum Nord-Anbau an die Schloßbergschule nicht aufgehoben; die Planung wird fortgesetzt. Die von Stadtrat Axel Flörke geleitete Bürgerinitiative „Rettet den Schloßberg“ hat 78 Prozent der Landsberger nicht mobilisiert und 88 Prozent der Landsberger nicht überzeugt. Schon die Beteiligung überschreitet das erforderliche Quorum kaum, und die 2.764 Nein-Stimmen bleiben weit hinter den Erwartungen der Nord-Anbau-Gegner zurück. 4.488 Nein-Stimmen wären erforderlich gewesen, um das Vorhaben zu stoppen.

Wer über diese Niederlage hinwegtäuschen will, hat die Wahl zwischen drei Behauptungen: Nummer 1: Es gab leider eine zu niedrige Wahlbeteiligung. Nummer 2: Es sind mehr Nein- als Ja-Stimmen; die Tendenz ist also klar. Nummer 3: Nein-Mehrheit und nicht erreichtes Quorum führen zu einem unklaren Resultat. All das ist falsch. Wenn Bürger dazu auffordern, ein Projekt zu kippen (hier: „Nein zum Nord-Anbau“), dann kann man dieses Kippen als Wähler mit zwei Mitteln verhindern, nämlich durch ein ausdrückliches (potentiell irrelevantes) „Ja zum Nord-Anbau“ oder dadurch, dass man an der Abstimmung nicht teilnimmt. Anders als bei einer Wahl entfaltet also auch die Nichtteilnahme Relevanz.

Das Ergebnis ist eindeutig: Es gab nur 12 Prozent, die dem Notruf „Rettet den Schloßberg“ gefolgt sind. Die anderen haben entweder von der Abstimmung nichts gewusst, die Sache war ihnen egal oder sie haben das Votum des Stadtrats akzeptiert. Bei wem welche Motive vorlagen, wissen wir nicht. 12 Prozent „Retter“, 88 Prozent „Nicht-Retter“, das ist das reale Resultat, weil das der Mechanismus von Bürger- und Ratsbegehren ist. Bei künftigen Bürger- oder Ratsbegehren ist dennoch zu empfehlen, auch als „Nicht-Retter“ zum Ort des Geschehens (sprich: zur Wahlurne) zu eilen. Denn für den Fall, dass 20 Prozent Retter zusammenkommen, ist das Stimmenverhältnis zwischen Ja und Nein plötzlich wieder wichtig.

In Sachen „Wahlkampf“ haben beide Seiten Schwachstellen. Die Bürgerinitiative zeigte Zeichnungen des Bauvorhabens, die der Planung nicht entsprachen. Obwohl es um Denkmalschutz und Sichtbeziehungen ging, wurden Baukosten thematisiert. Die Initiative stellte nach Beschluss des Ratsbegehrens ihre schleppend verlaufende Unterschriftensammlung ein, mit der Begründung, die brauche es jetzt nicht mehr; da hat sie es sich sehr bequem gemacht und vom Ratsbegehren profitiert. Aber auch die Stadt argumentierte nicht in erster Linie gegen die Argumente "Denkmalschutz“ und „Sichtbeziehung“, sondern pro „Schule“; die stand als solche jedoch gar nicht zur Debatte. Außerdem stellte sie früh Weichen, ohne an die Bürger zu denken. Die ganze Sache war also fruchtlos, aber nicht sinnlos; gelernt haben wir eine Menge daraus.

Quelle: landsbergblog, www.landsbergblog.info. Zurück zum Artikelfeed