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Chancen der Krise

Mittwoch, 08.04.2020

Das chinesische Wort weiji (Krise) enthält die Wortteile Gefahr (wei) und Chance (ji). Eine ähnliche Konstruktion gibt es im Deutschen nicht. Die darin liegende Weisheit aber gilt auch für uns: In jeder Krise liegt zugleich eine Chance.

Zum Teil kommt diese Chance von selbst. Hygiene wird nach dem Ende der Coronakrise zum Beispiel eine größere Rolle spielen als bisher. Wer ungehemmt in den Raum hustet oder niest, hat mit Widerspruch zu rechnen, und wer ansteckend erkrankt ist, bleibt wohl eher zu Hause als früher. Generell wird unser Leben nach den Corona-Entbehrungen bewusster und aufmerksamer sein. Das Essen im Restaurant, der Gottesdienst in der Kirche, das Stöbern in der Boutique, der Abend im Theater, der Weintreff mit Freunden, der Spaziergang mit den Eltern - für all das werden wir noch mehr Wertschätzung entwickeln. Dass wir irgendwann wieder in Urlaubsorte reisen können, in denen es eine funktionierende Infrastruktur gibt, wird uns mit Dankbarkeit erfüllen.

Andere Chancen kommen nicht automatisch; sie erfordern Änderungen unseres Verhaltens. Es gilt, Auswirkungen künftiger Krisen gleichen oder größeren Ausmaßes zu reduzieren, indem wir uns darauf besser als bisher vorbereiten. Und wir müssen die Akteure krisenfester machen, so dass sie auch eine Zeit des Stillstands meistern können.

Viele hat erschreckt, dass bereits ein paar Tage Zwangsschließung oder Produktionsminderung ausreichen, um Unternehmen in Existenznot zu bringen. Zum Teil riefen, auch in unserem Landkreis, Firmen bereits am ersten Tag nach Staatshilfe. Unsere Wirtschaft ist erkennbar auf Kante genäht. Der Reiz der Niedriglohnproduktion, die Sucht nach Kostenreduzierung, das ungezügelte Wachstumsstreben, die Orientierung an Börsenbewertungen und die Steuerlücken des Online-Handels verzahnen sich mit dem immer ausgeprägter werdenden Drang der Menschen nach billigem Einkauf. Auch im Gesundheitswesen hakt es erheblich. Notfallpläne wurden nicht eingehalten und Anschaffungen aus Kostengründen abgelehnt. Die Bereitschaftsdienste waren überlastet. Wir haben in den Kliniken zu wenig medizinisches Personal. Niedergelassene Ärzte haben nicht die Ausstattung, die sie brauchen.

Der Stillstand durch Viren, der sich wiederholen kann, ist nicht die einzige Krise, in der wir uns befinden. Hinzu kommen der Kilmawandel und die ungeklärte Frage der Migration. Teilweise passt eine Maßnahme auf alles; dazu gehören die Reduzierung der Abhängigkeit vom Ausland und eine gewisse Infragestellung offener Grenzen. Teils sind aber auch widerstrebende Ziele zu beachten. So sinnvoll öffentlicher Nahverkehr ist, so wichtig ist es zurzeit, sozial distanziert mit dem Auto fahren zu können. So notwendig der Verzicht auf den fossilen Brennstoff Erdöl auch sein mag - der jetzt niedrige Heizölpreis ist für viele Anlass, nochmal nachzutanken und den Gedanken an einen Umstieg zu verschieben.

Auch in der Stadt und im Kreis Landsberg müssen wir nun sorgfältig nachdenken. Was ändern wir, um unser Gesundheitswesen fit zu machen, notleidende Firmen zu unterstützen und unsere Innenstadt zu vitalisieren? Wie verteilen wir die aufgrund von Steuerausfällen knapper werdenden Mittel? Dazu sollten wir in den nächsten Wochen Vorschläge entwickeln. Wir sind zwar noch nicht über den Berg - aber ein Stück weit vorauszudenken ist jetzt wichtiger denn je.

Quelle: landsbergblog, www.landsbergblog.info. Zurück zum Artikelfeed