Anleihe beim Zirkus

Mittwoch, 08.09.2021

Freitag morgen fiel im Landsberger Westen die Wasserversorgung aus, unter anderem in einer Straße, in der die Stadtwerke tags zuvor Tiefbauarbeiten vorgenommen hatten. Anwohner vermuteten einen Zusammenhang und versuchten, dem Kommunalunternehmen das Problem zu melden. Wer um 06:30 Uhr die für diese Fälle vorgesehene 24-Stunden-Notfallnummer wählte, bekam aber nur ein Freizeichen; niemand ging ran. Auch das Bemühen, über die reguläre Festnetznummer Kontakt mit dem Kommunalunternehmen aufzunehmen, schlug fehl. Obwohl das Problem schon mitten in der Nacht durch einen Rohrbruch entstanden war, gab es nur die Standardansage, man rufe außerhalb der Bürozeiten an.

Nächster Versuch: die Website. Sie enthielt unter "Aktuelles" aber nur eine veraltete Meldung aus dem Juni. Auch der Facebook-Auftritt der Stadtwerke mit dem Slogan "Wir sind ein modernes Kommunalunternehmen" wurde seit Anfang Juni nicht mehr angefasst. Obwohl viele betroffene Kunden E-Mail-Adressen und Rufnummern hinterlegt haben, kam auch auf diesem Weg keine Nachricht. Eine Pressemitteilung wurde zu diesem Thema ebenfalls nicht versandt. Dass der KREISBOTE den Ausfall der Wasserversorgung schon frühmorgens auf seiner Facebook-Seite meldete, war auf den Hinweis eines Anwohners zurückzuführen.

Der digitale Informationsfluss der Stadtwerke war also null komma null. Aber es gibt ja auch noch die analoge Welt. Da wäre zum Beispiel die Möglichkeit, ein Auto in die betroffenen Straßen zu schicken, in dem jemand sitzt, der Auskunft geben kann; die Fahrzeuge des Kommunalunternehmens sind ja leicht zu erkennen. Man könnte eine Person von Haus zu Haus schicken, die Bescheid gibt oder einen Zettel an den Briefkasten heftet. Vielleicht könnte man auch eine Anleihe beim Zirkus machen und per Megafon durchsagen: "Achtung Achtung, hier sprechen die Stadtwerke. Aufgrund eines Rohrbruchs ist die Wasserversorgung in Ihrer Straße unterbrochen. Die Reparatur wird möglicherweise noch bis zum Mittag dauern." Das alles ist besser als nichts. Verwirklicht wurde: nichts.

Zwei Tage zuvor fiel in Landsberg (wie später klar wurde, sogar weit darüber hinaus) Internet und Telefonie von Kabel Deutschland (gleich Vodafone) aus. Wer daraufhin per mobiler Datenverbindung den vorgesehenen Check auf der Vodafone-Website machte, erhielt die Mitteilung, dass für den Anschluss kein Problem bekannt sei; man solle doch bitte ein Ticket ausfüllen. Zu diesem Zeitpunkt wies der private Internetdienst allestörungen.de bereits 17.000 Meldungen aus. Das Problem war also hinlänglich bekannt; noch ein Ticket brauchte es sicherlich nicht.

Beides ist kein Drama, aber symptomatisch: Die Versorger haben offenbar kein niederschwelliges Mitteilungssystem unterhalb der Kategorie "Katastrophe"; auf Ausfall-Kommunikation wird zu wenig Wert gelegt. Dabei müssten doch alle von der Deutschen Bahn gelernt haben - nicht die Störung ist das Problem, sondern die fehlende Information über ihr Ausmaß und ihre Wirkung. Dabei weiß die Bahn nur zum Teil, wer alles betroffen ist. Das ist bei Strom, Wasser, Internet und Telefon anders. Es gibt daher keinen Grund, Kunden im Ungewissen zu lassen. Außer Nachlässigkeit.

Quelle: landsbergblog, www.landsbergblog.info. Zurück zum Artikelfeed