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Operative Verlässlichkeit

Mittwoch, 09.09.2020

Eine verzögerte Museumssanierung, die uns zur Absage der Landesausstellung zwingt. Eine unvollendete städtische Baumaßnahme in der Jahnstraße, bei der Versprochenes nicht eingehalten wird. Eine unzureichende Anmelde-Hotline für das Pandemiezentrum in Penzing. Lange Wartezeiten auf Testergebnisse nach der Rückkehr aus Risikogebieten. Das sind vier aktuelle Beispiele aus dem Landkreis Landsberg und dem Freistaat Bayern für Themen, bei denen etwas schiefgegangen ist. Und immer sind die Bürger die Leidtragenden.

Die Begründungen für diese operative Schwächen sind meist oberflächlich; manchmal kommen sie sogar in Form des Zirkelschlusses daher. Die Baracke an der Jahnstraße ist noch nicht abgerissen, weil die Mittel noch nicht abgerufen wurden, verkündet die Stadtverwaltung. Eine typische verwaltungsinterne, zur Verschleierung von Verantwortung auch noch passivisch konstruierte Formel, die nichts anderes sagt als: "Wir haben die Baracke noch nicht abgerissen, weil wir die Baracke noch nicht abgerissen haben." Auch andere Erklärungen sind unbefriedigend. Die stark verzögerten Testergebnisse sind auf ein "Schnittstellenproblem" zurückzuführen, erfahren wir. Dass man zur Hotline nicht durchkommt, liegt an der langen Gesprächsdauer, mit der man nicht gerechnet hat. Beide Begründungen führen zum immer gleichen Fehler bei der Ablauforganisation: Man erfasst vor Beginn der Tätigkeit die Prozesse nicht richtig.

Es gibt weitere systembedingte Gründe für das Scheitern der öffentlichen Hand. Ausschreibungserfordernisse führen zur IT-Vielfalt. Der Datenschutz erschwert die Zusammenarbeit. Einsparungen bei Investitionen verringern meist auch den Nutzen. Zulieferer überschätzen ihre Leistungsfähigkeit. Software wird so lange ergänzt, bis sie nicht mehr zu bedienen ist. Speziell im kommunalen Bereich kommt noch hinzu, dass Gremien oft Beschlüsse fassen, ohne den Aufwand zu kennen, der dadurch entsteht. Auch Bürgermeister erteilen gerne mal einen Auftrag, ohne sich um den Zeitbedarf und die Personalbindung zu kümmern. Natürlich gibt es daneben auch noch obstruktives Verhalten nach dem Motto "Manches Thema erledigt sich durch Liegenlassen".

Wie kann man sicherstellen, dass Beschlossenes reibungslos umgesetzt wird? In größeren Unternehmen gibt es neben der Geschäftsführung (CEO) den Chief Operating Officer (COO, m/w/d), der Betriebsprozesse erfasst und organisiert. In der Verwaltung kennt man etwas Vergleichbares nicht. (Ober)Bürgermeister(innen) sind CEO und COO in einer Person. Sie haben aber zur Prozessanalyse und -definition weder die Zeit noch das erforderliche Wissen. In den größeren Kommunen gibt es inzwischen zwar Controller, die für Zielsetzung und Zielerreichung sorgen sollen; operative Eingriffe gehören aber nicht zu ihren Aufgaben.

Die öffentliche Hand führt etwas ein, was nicht funktioniert. Das kommt immer öfter vor. Das darf aber so nicht weitergehen, weil für Bürger und Unternehmen dadurch Schaden entsteht. Sieben Tage Wartezeit auf ein Testergebnis? Hotlines, die in der Krise nicht erreichbar sind? Jahrelange Verzögerungen bei einer Sanierung im Bestand? Bauprojekte, die nicht zu Ende geführt werden? Wir brauchen mehr operative Verlässlichkeit. Sonst verspielen Staat und Politik Vertrauen und Respekt. Und das wäre gerade in dieser Zeit verheerend.

Quelle: landsbergblog, www.landsbergblog.info. Zurück zum Artikelfeed