Was geschah im Impfzentrum?

Mittwoch, 10.02.2021

Es ist in Ordnung, wenn das Impfzentrum des Landratsamts Landsberg übrig gebliebene Impfdosen am Ende des Tages nicht wegwirft, sondern verwertet. Davon profitieren zwar Personen, die eigentlich noch nicht an der Reihe sind. Solange dabei das Zufallsprinzip herrscht und keine gezielte Begünstigung stattfindet, ist das aber hinnehmbar. Wer das neidisch kritisiert, ist aufgefordert, eine andere Lösung zu präsentieren, die zum gleichen Ergebnis führt.

Ein solcher Fall der Verwertung nicht in Anspruch genommener Dosen soll sich in der vergangenen Woche zugetragen haben. Das sagt jedenfalls Franz L. (Name auf Wunsch geändert). Der Mittfünfziger, der neben seinem Hauptberuf häufig karitativ tätig ist, war wegen einer ehrenamtlichen Initiative zu einem Pressetermin ins Impfzentrum gekommen. Dabei gab er an, nicht abgeneigt zu sein, wenn man ihn tatsächlich impfen würde, berichtete er später. Daran habe man sich offensichtlich erinnert, denn gegen Ende des Termins, quasi im Gehen, habe man ihm die Impfung überraschend angeboten, weil wegen einer kurzfristigen Absage eine Dosis übrig gewesen sei.

Das Landratsamt präsentierte auf Nachfrage des KREISBOTEN aber eine ganz andere Geschichte. Nach der Version von Peter Rasch, dem Leiter des Impfzentrums und Chef des Landkreis-Jugendamts, sei die Impfung während und nicht nach dem Pressetermin erfolgt. Eine medizinische Assistentin der Johanniter beging nach seiner Schilderung zwei Verstöße. Sie zog bei der Simulation einer Impfung von Franz L. entgegen der Absprache echten Impfstoff auf. Und sie setzte beim Fotoshooting die Spritze nicht nur an, sondern führte den Impfvorgang durch. Rasch erklärte in seiner Stellungnahme, das seien einzigartige Fehler. Er habe das Personal nun noch einmal belehrt, wer geimpft werden dürfe und wer nicht. Außerdem sei klargestellt, dass notwendige Schriftstücke vor der Impfung von einem Arzt zu unterzeichnen seien. Auch der Sprecher des Landratsamts sagte: "Wir bedauern den Vorfall sehr".

"Geben Sie Organisationsverschulden sofort zu. Erklären Sie, welche Veränderungen Sie vornehmen. Bedauern Sie den Vorfall." So steht es in den Lehrbüchern zur Krisenkommunikation. Das weiß man auch im Landratsamt - und war offenbar schnell bereit, der Mitarbeiterin der Johanniter den schwarzen Peter zuzuschieben. Welche Vorkehrungen das Amt zuvor getroffen hat, um eine ordnungsgemäße Durchführung der Impfungen zu gewährleisten, wird nicht dargelegt. Dass es über das Normale hinausgeht, das Impfzentrum zum Filmset zu machen, in dem man für die Medien Impfungen simulieren kann, wird ebenfalls nicht reflektiert.

Über allem aber thront die Frage, welche der beiden Versionen denn nun stimmt. War es Unglück oder Glück? Fand die Impfung während der Aufnahme statt oder nicht? Geschah sie versehentlich oder auf Einladung? Oder kommt sogar noch eine dritte Variante in Frage, die verschwiegen werden soll? Uns jedenfalls macht die Sache ratlos. Beide Handelnden sind glaubwürdig. Der eine ist Beamter, der andere leitender Mitarbeiter eines Unternehmens der öffentlichen Hand. Beide haben einen Ruf zu verlieren. Wir können uns heute für keine Version entscheiden. Und sind gespannt, wie die Sache weitergeht.

Quelle: landsbergblog, www.landsbergblog.info. Zurück zum Artikelfeed