Talent für Konzeption

Mittwoch, 10.03.2021

Sonia Fischer, die Leiterin der Museen der Stadt Landsberg, hat ein Talent für die wissenschaftliche Konzeption von Ausstellungen. Das zeigte sich bereits beim Herkomer-Museum und wird bei der Neugestaltung der Dauerausstellung des Neuen Stadtmuseums erneut deutlich. Fischers Vorgaben und deren visuelle Umsetzung durch das Büro "facts and fiction" stießen bei der dafür eingesetzten Jury sowie dem Bildungs-, Sozial- und Kulturausschuss des Stadtrats in der vergangenen Woche auf einhellige Zustimmung.

Das Konzept widmet der Geschichte der Stadt in den 20er bis 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, also der Zeit von Aufstieg, Schrecken, Fall und (zögerlicher) Aufarbeitung des Nationalsozialismus, breiten Raum. Zurecht - eine einheitliche, museumspädagogisch begleitete und alle Aspekte des Themas berücksichtigende Darstellung fehlte bisher. Beobachter wie der Jewish Chronicle interpretierten das zu Unrecht als "73 Jahre langes Ignorieren der Vergangenheit". In Wahrheit gab es intensive Gedenkarbeit, aber sie blieb punktuell und erreichte selten jüngere Adressaten, deren Aufgabe und Chance es ist, die Zukunft werteorientiert zu gestalten. Deswegen ist es eine brillante Idee, die Besucher plakativ und emotional mit der Verengung des Denkens zu konfrontieren, die im vergangenen Jahrhundert zum Totalverlust von Humanität führte, und die auch heute wieder spürbar ist.

Diese Museumsetage sollte erste Anlaufstelle für alle werden, die sich für die vielen Facetten des Dritten Reichs interessieren und ihr Wissen, ihre Eindrücke oder ihr persönliches Gedenken vertiefen wollen. Deswegen sollte der Stadtrat noch einmal überlegen, ob der von der Goppel-Kommission angeregte Raum im Rathaus sinnvoll ist. Zumal: Eine Website, die alle relevanten Orte zeigt, ist in Arbeit. Der Raum wäre für Gruppen nicht geeignet, sondern nur für versprengte unvorbereitete Einzelreisende von Interesse. Ansprechpartner vor Ort sind nicht vorgesehen. Einige Stätten, auf die hingewiesen werden soll, kann man gar nicht besuchen. Bei anderen fehlen noch erforderliche Einrichtungen.

Bund, Freistaat, Landkreis und Stadt tragen aber Mitverantwortung dafür, dass die konservierten Tonröhrenbauten der Holocaust-Gedenkstätte Stiftung an der Erpftinger Straße, "Bauwerke von nationaler Bedeutung", künftig mit didaktischer Begleitung zugänglich sind. Das Stadtmuseum kann Wegweiser dorthin sein, das persönliche Erleben vor Ort aber nicht ersetzen. Insofern brauchen wir noch einen zweiten Schritt, den alle Beteiligten in einer gemeinsamen Anstrengung einleiten können. Da sich das Thema "Stadtmuseum" gerade zum Guten wendet, sollten wir die frei werdende Energie zur Lösung der offenen Frage "Lager Kaufering VII" einsetzen.

Quelle: landsbergblog, www.landsbergblog.info. Zurück zum Artikelfeed