Kommt nicht, geht gleich

Mittwoch, 15.06.2022

30 Stadträte plus die Oberbürgermeisterin kommen in Landsberg 13 mal im Jahr zusammen, um stellvertretend für die Bürger wichtige politische Entscheidungen zu treffen. Doch das entspricht nicht der Realität. Schon zu Beginn der Sitzung fehlt durchschnittlich ein Drittel der gewählten Mitglieder. Während der Sitzung verlassen dann weitere Stadträte den Saal, um früher nach Hause zu gehen. Manchmal steht sogar die Beschlussfähigkeit in Frage.

So werden dann große Themen oft im kleinen Kreis beraten. Dazu gehörten jüngst der Derivate-Prozess, der Zweckverband zum Fliegerhorst Penzing, die Kitas am Wiesengrund, an der Römerauterrasse und am Reischer Talweg, der Umbau des Stadtmuseums, die Neustrukturierung der Schlossbergschule, der Neubau des Jugendzentrums sowie die Gestaltung von Vorder- und Hinteranger. Das alles sind Herausforderungen, bei denen es um die Lebensqualität und die Leistungsfähigkeit der Stadt geht; jeder Aspekt, jede Stimme zählt.

Sind den Stadträten aus der Kategorie "Kommt nicht, geht gleich" diese Themen egal? Haben sie vergessen, dass sie einen öffentlichen Auftrag haben? Kennen sie Artikel 48 der Gemeindeordnung nicht - dort steht, bewehrt mit einem Ordnungsgeld: "Die Gemeinderatsmitglieder sind verpflichtet, an den Sitzungen und Abstimmungen teilzunehmen". Man stelle sich einmal vor, ehrenamtliche Richter würden eine Verhandlung vorzeitig verlassen oder gar nicht erst erscheinen. Der Prozess wäre undurchführbar. Keine Lust auf Justiz - das ist undenkbar.

Um die drei Bürgermeister geht es nicht; sie sind fast immer präsent. Auch werden einige weitere Mitglieder des Stadtrats ihrer Verantwortung voll und ganz gerecht, unter anderem Ulrike Gömmer (Grüne) und Christian Hettmer (CSU). Aber bei einigen ist die Abwesenheit eklatant. Präzisieren wir es verklausuliert: Sein Mandat niederlegen sollte, wer glaubt, dass das Zur-Verfügung-Stellen seines bekannten Namens auf der Wahlliste seiner Partei Leistung genug war. Ebenso ausscheiden sollte, wer wegen seiner respektablen beruflichen, berufsvorbereitenden, sozialen, politischen oder kulturellen Inanspruchnahme immer wieder Entscheidungen gegen die Sitzungsteilnahme und für die Wahrnehmung anderer Termine trifft.

Wenn Mitglieder des Stadtrats nicht kommen oder früh gehen, geht die Kontinuität verloren. Es beraten dann, oft aus dem Bauch heraus, zufällige und unterschiedlich zusammengesetzte Grundgesamtheiten. Es entsteht ein Kompetenzgefälle und die Fleißigen unter den Stadträten erlangen Herrschaftswissen. Demokratie funktioniert nur, wenn gewählte Amtsträger ihr Amt auch wahrnehmen. Wer das nicht möchte, sollte für die vielen ebenfalls gewählten Bürgerinnen und Bürger Platz machen, die auf den Nachrückerlisten stehen.

Quelle: landsbergblog, www.landsbergblog.info. Zurück zum Artikelfeed