Fahrverbot ist keine Lösung

Mittwoch, 15.09.2021

Stadtrat Tom Bohn (FDP) hat beantragt, das Radfahren auf der Alten Bergstraße bergab in Richtung Hauptplatz zu untersagen. Anlass dazu sind "Mutproben": Jugendliche und Erwachsene rasen mit zum Teil "wahnwitziger Geschwindigkeit" nach unten. Manchmal queren sie mit hohem Tempo die Schlossergasse und setzen ihre halsbrecherische Fahrt durch das Schmalztor über den Hauptplatz bis zum Lechwehr fort.

Zunächst muss man fragen: Muss die Stadt wegen dieser Vorkommnisse das Bergab-Fahren auf der Alten Bergstraße bußgeldbewehrt verbieten? Das wäre aus der Verkehrssicherungspflicht heraus zu bejahen, wenn man die Alte Bergstraße in Richtung Lech per Fahrrad nicht ohne erhebliches Risiko benutzen kann. Das war früher vielleicht der Fall. Viele Jahre lang wurden Fahrräder primär durch Rücktrittsbremsen verlangsamt, die bei übermäßiger Beanspruchung versagen konnten. Heute, im Zeitalter robuster Felgen- und Scheibenbremsen sowie verteilter Bremswirkung ist die Lage aber anders. Ein Verbot des Bergab-Fahrens ist daher nicht mehr erforderlich. Dass es Leute gibt, die die Strecke absichtlich so nutzen, dass eine Gefahr entsteht, ändert nichts. Exzesse können nicht der Maßstab für Allgemeinverfügungen sein, zumal die ja auch viele Anwohner, Pendler und Freizeit-Radler treffen.

Fraglich ist, ob der Stadtrat am Mittwoch trotzdem im Sinne von Bohns Antrag entscheiden kann. Die Verwaltung würde sich das wünschen; das wird aus der Sitzungsvorlage klar. Aber früher - bei der zwangsweisen Aufhebung des LKW-Fahrverbots in der Iglinger Straße - hat sie doch behauptet, dass die Stadt derartige Gestaltungsrechte nur im Rahmen einer qualifizierten Verkehrsplanung hat. Und die ist im jetzigen Fall erst noch in Arbeit. Außerdem ist absehbar, dass diese Planung den Radverkehr glücklicherweise eher fördern als einschränken will. Zu befürchten ist auch, dass ein Verbot zwar von vielen eingehalten würde; wer die Alte Bergstraße missbräuchlich als Beschleunigungsspur nutzt, um Nervenkitzel zu generieren, dürfte aber nicht dazu gehören und sich eher über die freie und noch schnellere Fahrt freuen. Unfallforscher sprechen von der "zunehmenden Verrohung" im Straßenverkehr und die hört nicht durch ein Verkehrsschild auf. Das Verbot müsste daher auch kontrolliert werden. Es ist aber kaum anzunehmen, dass unsere Polizei ab nächster Woche Kräfte abstellt, die sich am Spitalplatz auf die Lauer legen und dann per Rennrad die Verfolgung aufnehmen.

Wer ein Fahrverbot ablehnt, weil es keine Lösung ist, will Fahridiotie nicht unterstützen. Personen, die die Alte Bergstraße herunterrasen und dabei einen Unfall verursachen, machen sich strafbar. Bei Todesfolge kann das Strafmaß "lebenslänglich" lauten, ähnlich wie bei Autorennen in Innenstädten. Lebenslänglich kann auch Schadenersatz zu zahlen sein, wenn Betroffene bleibende gesundheitliche Schäden davontragen. Schon der Schock eines Passanten kann Schmerzensgeld kosten. Das sollte in den Schulen sowie den Medien kommuniziert werden. Und für uns alle gilt: Der Zwilling der Verrohung heißt "Das geht mich nichts an". Wer Gelegenheit hat, mit den Handelnden zu sprechen, sollte das auch tun.

Quelle: landsbergblog, www.landsbergblog.info. Zurück zum Artikelfeed