Letzte Instanz

Mittwoch, 16.11.2022

Die Planung zur Umgestaltung der Altstadt, insbesondere des Vorder- und Hinterangers, wird diese Woche fortgesetzt. Ein paritätisch besetzter Workshop soll „Leitplanken“ definieren, die in drei Planungsvarianten münden. Sie werden bis Herbst 2023 von einem externen Planungsbüro ausgearbeitet. Nach erneuter öffentlicher Diskussion entscheidet dann der Stadtrat, wie die nördliche Altstadt künftig aussehen soll.

Jetzt kommt die erste Merkwürdigkeit. Die Stadt gibt an, 20 „betroffene“ und per Los bestimmte Altstadtbewohner, Hauseigentümer und Gewerbetreibende träfen mit 20 „vom Stadtrat ausgewählten“ institutionellen Interessenvertretern zusammen (Quelle: www.altstadt-landsberg.de). Nun sind es wohl keine 20 Betroffene, denn der vorgesehene Losentscheid war nicht erforderlich, und die Interessenvertreter wurden auch nicht vom Stadtrat, der grundsätzlich öffentlich tagt, sondern hinter verschlossenen Türen vom Ältestenrat benannt. Das ist erstens nicht Aufgabe des Ältestenrats. Und zweitens: Was ist das für eine Bürgerbeteiligung, bei der die Teilnehmer nichtöffentlich in Kleingremien bestimmt werden?

Die zweite Merkwürdigkeit betrifft das Verfahren als Ganzes. Die Politik ist inhaltlich offenbar zunächst nicht involviert und kommt erst spät ins Spiel. Das ist anders als bei früheren Planungen, etwa zum Hauptplatz oder zum Papierbach. In Sachen Altstadt scheint es, als hätte der Stadtrat seine Aufgaben zunächst an Bürger und Interessengruppen delegiert. Er selbst wird zur letzten Instanz. Ein solches Vorgehen führt erfahrungsgemäß zu Enttäuschungen, etwa wenn Vorschläge nicht finanzierbar sind. Es gibt aber auch ein Legitimitätsproblem. Wenn Personen tätig werden, die aktuell bestimmte Rollen und Interessen wahrnehmen, bleiben die Belange Anderer, die nur die Politik einbringen und wahrnehmen kann, auf der Strecke. Es gibt Menschen mit und es gibt Menschen ohne Lobby.

Die späte Einbeziehung der Politik ist ein Fehler. Die Innenstadt von morgen muss anders aussehen als die von heute. Denn die von heute wurde gestern konzipiert. Notwendig sind eine stärkere Durchmischung der Funktionen Handel, Handwerk und Dienstleistung, Orte, wo man sich treffen kann, ohne Geld ausgeben zu müssen, Konzepte für Erholung, Luft und Kühle und die Übereinstimmung mit dem Ziel „Verkehrswende“. Deswegen können wir nicht monatelang Betroffene und ausgewählte Organisationen selbständig Planungsprozesse absolvieren lassen. Planung ist von Anfang an Aufgabe der Politik; Bürgerbeteiligung ist dabei die stetige Verzahnung politischer Ideen mit den Wünschen und Bedürfnissen der Bürger. Vielerorts muss man die Politik zur Bürgerbeteiligung ermahnen. In Landsberg muss man sie zur Politikbeteiligung anhalten. Grotesk.

Quelle: landsbergblog, www.landsbergblog.info. Zurück zum Artikelfeed