Wie in Zeitlupe

Mittwoch, 17.02.2021

Es wird in der Krise deutlicher als je zuvor: Die öffentliche Hand führt Bewegungen nur noch in Zeitlupe aus. Unterstützungsgelder kommen erst nach Monaten an. In Sozialeinrichtungen fehlt es immer noch an Ausrüstung. Und die schnelle Umsetzung von Verordnungen scheitert an Öffnungszeiten des Landratsamts. Das sind nur drei von vielen Beispielen, die fast täglich auf den Schreibtischen in den Redaktionen landen. Seit einem Jahr wachsen unsere Zweifel an der Leistungsfähigkeit dieses Staates erheblich. Nicht auszudenken, wie hilflos wir sein werden, wenn Schlimmeres passiert.

Auch in Landsberg hat man offenbar die Zeitlupe eingeschaltet. Das neue Bussystem, das der Stadtrat (als Pandemieausschuss) erstmals am vergangenen Mittwoch beriet, entspricht in etwa einem Vorschlag des KREISBOTEN aus dem Jahr 2017. Seitdem sind 42 Monate vergangen, in denen man die Idee anscheinend ausführlich gedreht und gewendet hat. Bis zur Verwirklichung sollen nun noch einmal sieben Jahre verstreichen, weil man die derzeit laufenden Verträge mit den Busunternehmen offenbar nicht nachverhandeln will. Vom Konzept bis zur Umsetzung dauert es also eine Dekade, eine halbe Generation.

Seit vielen Jahren hinkt Deutschland bei der Ausstattung der Schulen mit Computern hinterher. 2010 waren wir im OECD-Vergleich Letzter, 2018 gehörten wir immer noch zu den Schlechtesten. 2021 hat die Stadt Landsberg nun "sämtliche infrage kommenden Ausbau- und Fördermöglichkeiten überprüft und schnellstmöglich in die Wege geleitet". Jetzt ist aber wirklich der große Wurf gelungen: 184 Tablets sind eingetroffen. Wow: Damit lassen sich sage und schreibe zwölf Prozent unserer Grund- und Mittelschüler ausstatten! Die anderen 88 Prozent werden wohl von den Eltern versorgt werden müssen. Ob da der Maßstab iPad richtig war, darf man zurecht infrage stellen. Das Gerät aus der Luxusklasse ist im Handel dreimal teurer als ein Mittelklasse-Tablet unter Android.

Aber vielleicht hat man bei der Stadt ohnehin das Gefühl für Zahlen verloren. "Damit die Hardware (Tablets, digitale Tafeln) an den Grundschulen zukunftsfähig funktioniert, muss die (Inhouse-) Verkabelung ausgebaut werden", steht in einem Stadtratsbeschluss. Das soll für fünf Schulen eine Million Euro verschlingen. Wie bitte? Ein Kilometer (1.000 Meter) hochwertiges Ethernet-Kabel kostet im Fachhandel 700 Euro, ein moderner WLAN-Router für das Klassenzimmer 70 Euro. Wie kommen im Durchschnitt 200.000 Euro pro Schule zustande? Und wie lange dauern jetzt Ausschreibung, Angebotsprüfung, Auftragserteilung, Materialbestellung und Umsetzung?

Vor drei Jahren hat die Stadt einen städtebaulichen und landschaftsplanerischen Realisierungswettbewerb zur Entwicklung des Wohnquartiers "Staufenstraße" abgeschlossen. Wo bitte ist der Bebauungsplan? Den Auftrag zur Erstellung des Flächennutzungsplans hat der Stadtrat am 19. Juli 2017 erteilt. Hat schon jemand das Ergebnis gesehen? Die Dauerausstellung des Stadtmuseums ist seit exakt sieben Jahren geschlossen. Ist auch hier die Dekade das Ziel? Beim Museum wirkt jetzt ein Zuschuss des Bundes beschleunigend. Auch bei den anderen Themen sind Zuwendungen im Spiel. Damit sind wir wieder am Anfang. Bund, Freistaat, Kreis und Stadt haben das gleiche Problem: Sie sind einfach zu langsam.

Quelle: landsbergblog, www.landsbergblog.info. Zurück zum Artikelfeed