Schaffen wir nicht

Mittwoch, 17.03.2021

In Sachen Corona vergeht kaum eine Woche, in der uns nicht die mangelnde Leistungsfähigkeit unseres Staates und seiner örtlichen Vertretung "staatliches Landratsamt" vor Augen geführt wird. Das Ganze nimmt immer groteskere Ausmaße an. In unseren Briefkästen landete am 11. März eine zeitungsähnliche Designerschrift des Landkreises zur Corona-Pandemie mit dem ausgewiesenen Sachstand vom 11. Februar. Offenbar hat man für Korrektur-Lesen, Layout und Druck einen ganzen Monat gebraucht.

Nein, schneller ging das nicht, wird man uns wieder sagen, schneller schaffen wir das nicht. Genauso wenig wie wir es in unserem Landkreis schaffen, alle Anrufe zu Tests und Impfungen anzunehmen, wegen der "Überlastung und platztechnische Begrenzung der Telefonanlage". Genauso wenig wie wir es schaffen, Wartende, die eigentlich längst geimpft sein sollten, zu informieren, wenn Impfstoff übrig bleibt; wir laden dann lieber Institutionen ein, die besser organisiert sind als wir. Genauso wenig wie wir es schaffen, an den Feiertagen die für Heimbesuche notwendigen Tests durchzuführen; es sind, Herrschaftszeiten, schließlich Feiertage. Nach "zahlreichen Beschwerden aus der Bevölkerung" springen dann oft andere ein, zu Weihnachten das BRK, jetzt ein Telefon-Dienstleister in Magdeburg, demnächst die Ärzteschaft. In der größten Pandemie seit 100 Jahren nimmt man hin, dass sich die Exekutive ungeniert als überfordert deklariert und mit dem Narrativ "Schaffen wir nicht" den Rückzug antritt.

Auch das passierte vergangene Woche bei uns: Der Landrat verteidigte "selbstbewusst" seine einsame Entscheidung, über die Orte von Corona-Ausbrüchen zu schweigen. Dann würde man sich ja aus dem Weg gehen, war einer der genannten Gründe. Aber genau das - sich aus dem Weg gehen - ist doch unsere wirksamste Gegenstrategie gegen Corona! Die Kernfrage ist simpel: Nützt das Schweigen den Menschen oder erleichtert es die Ausbreitung der Pandemie? Der Landrat ist hier, vielleicht aus Liebe zur Normalität, auf einem völlig falschen Weg.

In München sieht es in der gleichen Woche nicht viel besser aus. Die Staatsregierung ordnet eine Erweiterung der Impfzentren an; zwei Tage später heißt es "Kommando zurück". Sie lockert bei Unterricht und Einkaufen; zeitgleich erwartet sie eine hohe Inzidenz. Apotheken sollen in ihren Räumen Corona-Schnelltests durchführen; die Probleme der Umsetzung überlässt man ihnen. Ob die Ärzte noch eingeschaltet werden oder es bei der "Impfbürokratie" (Markus Söder) bleibt, ist nach dem AstraZeneca-Stop ungewiss. Bayern, Deutschland und die EU, einst respektierte Partner auf internationaler Ebene, müssen im Übrigen gerade tatenlos zusehen, wie andere Länder Impfstoffe quasi beschlagnahmen. Für viele Bürger ist der leistungsfähige Staat nach Finanz- und Flüchtlingskrise nun bereits zum dritten Mal eine Fiktion. Und das ist bitter.

Quelle: landsbergblog, www.landsbergblog.info. Zurück zum Artikelfeed