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Maßstab Bundesliga

Mittwoch, 17.06.2020

Den Verfasser dieser Zeilen verbindet mit dem Geschäftsführer der DFL, Christian Seifert, eine gemeinsame berufliche Wegstrecke in der Ruhrmetropole Essen. Seifert war "New Media"-Geschäftsführer bei Karstadt Quelle, der Verfasser zeitgleich "New Media"-Geschäftsführer der Zeitungsgruppe WAZ. Später gab es Begegnungen bei DFL und DFB. So jemanden wie Seifert, ein Ausnahmetalent im Management, beobachtet man natürlich aus der Ferne weiter. Zuletzt als er proaktiv ein Konzept zur Wiederaufnahme des Spielbetriebs der Bundesliga erarbeitete.

Die DFL-Lösung geht weit über das Instrument "Geisterspiele" hinaus. Sie kostet viel Geld und verlangt allen Beteiligten viel ab. Aber das "Produkt Bundesliga" ist erhalten geblieben - wenn man die Disziplin und Freude der Fans sowie das Engagement der Spieler sieht, sogar mit unverminderter Intensität. Am 51-seitigen Rezeptbuch der Task Force Sportmedizin der DFL orientieren sich daher nun auch die Premier League in England, die Serie A in Italien und LaLiga in Spanien.

Was wir daraus lernen können? Zumindest von der Zielrichtung her könnten wir Konzepte mit ähnlicher Tiefe und Qualität für unsere vergleichsweise kleinen Herausforderungen entwickeln. Zum Beispiel beim Schiffsverkehr auf dem Ammersee. "Aufgrund der strengen behördlichen Auflagen (Abstandsregelungen, reduzierte Beförderungskapazität, namentliche Registrierung der Gäste etc.) ist der Fahrbetrieb derzeit nur sehr eingeschränkt möglich" teilte die Bayerische Seenschiffahrt GmbH auf ihrer Website lapidar mit.

Da sprachen keine Kapitäne, sondern Amtsträger. Alles was der Flotte einfiel waren vier Abfahrten pro Tag in Stegen und vier in Herrsching, jeweils ohne Zwischenstopp. Das Westufer des Ammersees hängte man einfach ab. Wirte, Gastgeber, Besucher und Anwohner wurden überrascht. Es hätte andere Möglichkeiten gegeben als diese. Es wurde aber noch nicht einmal ersichtlich, ob man die geprüft und abgewogen hat; mit den Betroffenen erörtert wurden sie jedenfalls nicht. Das war ein schlechter Dienst am "Produkt Ammersee". Merkwürdig: Nach Interventionen von Bürgermeisterin bis Landtagsabgeordneter und Einschaltung der Bayerischen Staatsregierung wurde plötzlich binnen Tagen möglich, ab 20. Juni wieder den ganzen See anzufahren.

Auch die Stadtwerke Landsberg haben kein akzeptables Konzept zur Wiederaufnahme des Badebetriebs vorgelegt. Veränderte Öffnungszeiten, nur Tageskarten, nur Tickets im Internet - das ist zu behördlich, zu wenig kundenfreundlich, das wird der Bedeutung des "Produkts Inselbad" samt Lechstrand für die Stadt und die Region nicht gerecht. Da kann man schon von Glück sagen, dass das Online-Portal nicht funktionierte (auch so ein Ding) und am Wochenende gar kein Eintritt erhoben werden konnte.

Niemand muss die Professionalität einer DFL erreichen. Als Maßstab kann sie aber dienen. Jeder sollte sich bemühen, nach intensivem Nachdenken und vielen Gesprächen seine Einrichtungen auch in der Krise so zu definieren und zu gestalten, dass sie ihre Identität behalten und nicht durch bürokratische Einfachlösungen Schaden nehmen. Die Menschen haben die Ammersee-Schiffe und das Inselbad in ihr Herz geschlossen. Wir wünschen uns daher eine spürbare Empathie der Verantwortlichen für die jeweilige Errungenschaft und ihre Nutzer.

Quelle: landsbergblog, www.landsbergblog.info. Zurück zum Artikelfeed