Leid zählt nichts mehr

Mittwoch, 20.10.2021

Nach wie vor gibt es viele Deutsche, die eine Impfung gegen Coronaviren ablehnen. Sie riskieren ihr Leben. Sie gefährden andere, auch Geimpfte - denn keine Immunisierung bietet totalen Schutz. Sie nehmen in Kauf, als Ernährer oder Bezugsperson für immer auszufallen. Als wie unbedeutend stufen sie sich ein, um so leichtfertig zu handeln? Wie kommt es, dass sie über so wenig Selbstwertgefühl und Gemeinschaftssinn verfügen? Wer oder was hat sie so abgestumpft?

Ein Kernproblem ist: Ein großer Teil der Bürger zweifelt bis zur Selbstaufgabe. Bereits die Forderung, dass Ungeimpfte nicht mehr im Krankenhaus oder im Pflegeheim arbeiten dürfen, wird in Frage gestellt. Da werden Grundrechte der Ungeimpften beschworen, die Grundrechte der Patienten aber außer Acht gelassen. Niemand wird in Deutschland daran gehindert, todesverachtend zu leben. Aber genauso wenig hat jemand das Recht, Todesengel zu sein. Ganz undenkbar ist bei uns offenbar, Personen ohne Immunisierung nicht mehr in unsere Fabriken und Büros zu lassen. Da nimmt man dann lieber in Kauf, dass Kollegen angesteckt werden. Quarantäne für alle, Schließung des Betriebs, Schwächung des Unternehmens, Verlust des Arbeitsplatzes - das alles scheint hinnehmbarer zu sein als die Regel: Impfen lassen!

95.000 Menschen sind in Deutschland bislang an oder mit Corona verstorben. Manche davon waren "betagt" und hatten "Vorerkrankungen", wie unser Landratsamt gerne herausstellt. Ja, aber sie wären ohne Corona noch am Leben. Sie wären nicht so elendig gestorben wie jetzt. Und sie hätten nicht so plötzlich Lücken gerissen. Die Attribute, die das Amt so gerne nennt, sind Teil einer Selbstschutzstrategie vieler Bürger. Von Trauer, Innehalten oder Mitgefühl ist wenig zu spüren. Man geht zur Tagesordnung über und legt sich sogar Legenden zurecht. Eine Familie in der Nähe erlitt zwei Corona-Erkrankungen mit künstlicher Beatmung, eine Corona-Infektion mit Todesfolge und einen Langzeit-Covid-Fall. Die Anteilnahme der Mitbürger war auf den Beerdigungstag begrenzt, die Langzeit-Erkrankte wird der Simulation bezichtigt und im Dorf gibt es immer noch Menschen, die sagen, Corona sei doch nicht so schlimm. Leid zählt nichts mehr.

Anders sieht es bei den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie aus, die sich mit weiteren Einflüssen paaren; die beklagt man aufs Höchste. Jedem muss klar sein: Niemand wird ab 2022 noch so leben wie einige Jahre zuvor. Steigende Preise und Steuern, eine schmerzhafte Inflation, verteuertes Wohnen durch Heizkosten-Sprung und Modernisierungs-Druck - das und vieles mehr kommt nun gleichzeitig auf uns zu. Jetzt käme es darauf an, gemeinsam und entschlossen in die Zeit nach der Pandemie aufzubrechen. Aber vielen Deutschen ist dieser Gedanke abhanden gekommen. Ihnen ist ganz vieles egal und offenbar zählen sie sogar sich selbst dazu.

Quelle: landsbergblog, www.landsbergblog.info. Zurück zum Artikelfeed