Städtischer Gemeingebrauch

Mittwoch, 21.04.2021

Es gibt noch Zeichen und Wunder: Der Stadtrat hat am vergangenen Mittwoch einstimmig beschlossen, eine städtische Fläche an der B17, zwischen Friedheim und der ehemaligen Lechrainkaserne, für eine große Photovoltaikanlage zu nutzen. Betreiber sollen die Stadtwerke Landsberg sein. Dieser Beschluss ist lange überfällig. Im Klimaschutzkonzept 2013 war der Balken, der die Energieerzeugung durch Freiflächenanlagen in der Stadt Landsberg symbolisierte, fast nur mit einer Lupe erkennbar; landkreisweit war 91 Prozent des Potentials ungenutzt. In ihrer Strategieplanung nahm sich die Stadt aber vor, "bis 2035 den größten Teil und bis 2050 vollständig alle Haushalte und Unternehmen mit Strom und Wärme aus regenerativen und regionalen Energiequellen" zu versorgen.

Eigentlich hätte man damit schon 2014 beginnen können. Doch es gab eine Kollision mit dem Wunsch von 3C Carbon, in der Nähe des Firmengeländes einen Campus mit Werkswohnungen zu errichten. Unmittelbar nördlich, auf der gleichen Seite der B17, war das nicht mehr möglich; das Gelände war inzwischen "Nationales Naturerbe" geworden. Also untersuchte man im Rahmen des "Europan"-Wettbewerbs, ob man die Idee nicht auf der anderen Seite der B17, südöstlich von Friedheim, verwirklichen könnte. Wettbewerbssieger wurde aber das italienische Team "Living with(in) Nature", das dem Campus-Gedanken eine Absage erteilte und neue verteilte Wohnquartiere im Landsberger Süden vorsah. Da schrieb man das Jahr 2016. Offenbar hat aber niemand einen Strich darunter gemacht. Im ersten Entwurf des neuen Flächennutzungsplans aus dem Jahr 2018 taucht der Campus jedenfalls unter "laufende Verfahren" wieder auf: "Technologiepark Lechrain, Wohnnutzungen, geplante Wohneinheiten: keine Angabe".

Seitdem gab es wieder Funkstille. Das wurde dann selbst der nicht gerade als unternehmensfeindlich bekannten CSU-Fraktion im Landsberger Stadtrat zu viel. Im Januar 2020 beantragte sie, die planungsrechtlichen Voraussetzungen für eine "Photovoltaik-Freiflächenanlage Friedheim" zu schaffen und rechnete vor: 5,5 Millionen Kilowattstunden Kapazität, Strom für 1.900 Haushalte, wir sparen 2.750 Tonnen CO2. Doch im Februar 2020 vertagte eine Stadtratsmehrheit den Vorschlag ohne nennenswerte Begründung.

Dann tat sich ein Jahr lang wieder nichts. Keine Beratung, keine Beschlussfassung. Immerhin nutzte man die Zeit, das Thema bei den Stadtwerken und dem Netzbetreiber, den Augsburger Lechelektrititätswerken (LEW), zu erörtern. Aber immer noch hörte man hinter vorgehaltener Hand: "Aber da will doch 3C Carbon Wohnungen bauen". Möglicherweise gab es von dort dann doch grünes Licht. Denn plötzlich ging es nicht nur schnell; auf einmal waren auch alle Stadträte für die Idee und akzeptierten: "Mit der Baurechtsschaffung für eine Photovoltaik-Freiflächenanlage kann eine Umsetzung der (Wohnbau-) Entwürfe für diesen Teilbereich nicht weiterverfolgt werden."

Also: Städtischer Gemeingebrauch statt Campus für Werkswohnungen. Herrschaften, das hätte man aber auch früher haben können, zumal wir bereits genug Baugebiete in Aussicht haben und wir uns insulare Wohnsiedlungen im Außenbereich doch gar nicht wünschen. Geht so etwas wirklich nicht schneller und mit etwas mehr Mut?

Quelle: landsbergblog, www.landsbergblog.info. Zurück zum Artikelfeed