Grundlose Empörung

Mittwoch, 21.07.2021

Der Gastronom Claus Moritz stellt an die Stadt Landsberg die Anfrage, ob sie einen Glasanbau an sein Gasthaus an der Waitzinger Wiese genehmigen würde, um einen vorhandenen alten Biergarten ganzjährig nutzen zu können. Der zuständige Bau-, Planungs- und Umweltausschuss des Stadtrats ist mehrheitlich der Auffassung, dass man das trotz der Denkmal-Eigenschaft des Gebäudes grundsätzlich akzeptieren könne, auch wenn eine erste Einschätzung des Landesamts für Denkmalpflege eine negative Stellungnahme erwarten lasse. Das hat heftige mediale Kritik verursacht: Claus Moritz sei Mitglied des Stadtrats. Er gehöre der UBV an. Und die UBV-Fraktion habe dem Anliegen zugestimmt. So etwas sei doch nicht hinnehmbar!

Aber worüber regt man sich da auf? Problematisch wäre allenfalls, wenn Moritz in eigener Sache mitgestimmt hätte; er gehört dem Ausschuss aber nicht an. Ähnlich bedenklich wäre es, wenn er oder die UBV das Thema zur "Koalitionsfrage" gemacht und Druck ausgeübt hätten, was aber Beteiligte glaubhaft verneinen. Ebenfalls nicht hinnehmbar wäre eine nichtöffentliche Beratung dieses Themas hinter verschlossenen Türen oder gar die komplette Umgehung des Beschlussgremiums. Damit haben wir dann aber auch alle denkbaren Entrüstungsszenarien abgearbeitet. Ansonsten darf sich ein Gastronom als Stadtrat engagieren und ein Stadtrat als Gastronom tätig sein. Wie absurd die Kritik ist, zeigt der Umkehrschluss. Denkt man die Auffassung der Kritiker weiter, müsste man alle Anträge von Personen, die auch Stadträte sind, unverzüglich ablehnen. Logischerweise würde dann niemand mehr in den Stadtrat gehen, der irgendwann mal für irgendetwas eine Genehmigung braucht. Wer die Antragstellung mit offenem Visier kritisiert, darf sich im Übrigen nicht wundern, wenn künftig Anträge von Strohmännern (m/w/d) eingehen, die aus Jersey oder Guernsey grüßen.

Über mehr als die Kernfrage konnte der Bauausschuss übrigens gar nicht beraten; die konkrete Bauform, der Lärmschutz und die Parkplatz-Schaffung (oder Ablöse) sind zu prüfen, wenn der Bauantrag gestellt wird. Die Kernfrage lautet: Darf man ein denkmalgeschütztes Brauereigasthaus um einen Glasanbau erweitern? Die Antwort lautet: Ja, das darf man. Ziel des Denkmalschutzes ist es, Baudenkmäler zu erhalten. Man muss sie aber nicht exakt so erhalten und betreiben wie im vergangenen Jahrhundert. Das geht nicht; eine Wirtschaft zu führen ist heute viel aufwändiger als damals. Es muss mehr Umsatz gemacht werden, folglich braucht man mehr Raum. Wer historisiert, der generiert keine Baudenkmäler, in denen Leben ist, sondern solche, die verrotten. Mit "erhalten" ist nicht gemeint, die Käseglocke darüber zu stülpen und Nutzungen oder Weiterentwicklungen zu verhindern. Wir sollten das Brauereigasthaus als Gasthaus erhalten und nicht als Gebäude, das mal Gasthaus war.

Das Fazit: Der Bauausschuss des Stadtrats hat vertretbar grünes Licht gegeben, um die nächsten Schritte anzugehen; Moritz darf trotz Denkmalschutz unternehmerisch planen. Und die grundlose Empörung über Anträge stellende Stadträte hat er zurecht ignoriert. Da sieht man's mal wieder: An der Reihenfolge analysieren - differenzieren - kommentieren geht kein Weg vorbei.

Quelle: landsbergblog, www.landsbergblog.info. Zurück zum Artikelfeed