Bürger-Bashing

Mittwoch, 22.12.2021

Die beiden CSU-Politiker Alex Dorow und Michael Kießling haben den Verzicht von STEICO auf eine Ansiedlung in Stillern bedauert. Sie beklagen die "erzeugte öffentliche Stimmung", konstatieren eine "Weigerung, sich mit Zukunftsprojekten zu befassen" und sprechen von einer "vorzeitig ablehnenden Haltung". Sie wünschen sich, dass künftig "die gewählten Gremien" entscheiden und zwar "wirklich erst am Schluss".

Da ist etwas Nachhilfe nötig. Die Errichtung nicht-privilegierter Werke im Außenbereich ist nach dem Baugesetzbuch nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht beeinträchtigt sind. Maßstäbe sind unter anderem die Kriterien Lärm, Naturschutz, Landschaftspflege, Wasserwirtschaft und Agrarstruktur. Dass anliegende Gemeinden, Bürger aus der Nachbarschaft, Landwirte, Förster oder Naturschutzverbände Beeinträchtigungen dieser Art geltend machen, ist denklogischer Bestandteil des Gesetzes. Liegt auch nur eine einzige derartige Beeinträchtigung vor, ist nämlich jede weitere Abwägung ausgeschlossen. Das Baugesetzbuch verhindert also absichtlich, dass der Gemeinderat am Ende frei entscheidet. Das darf er nur, wenn er gerichtsfest darlegt, dass es die geltend gemachten Beeinträchtigungen gar nicht gibt.

Dabei gibt es kein "zu früh". Das Gesetz verlangt eine Geltendmachung vor der Entscheidung, nicht erst danach. Dorow und Kießling hätten argumentieren können, die in Sachen Steico vorgebrachten Einwände seien unberechtigt. Sie haben aber die "vorzeitig ablehnende Haltung" kritisiert und verfehlen damit ihr Ziel komplett. Das Gesetz geht von Vorzeitigkeit geradezu aus. Denken wir einen Moment an den Fliegerhorst, wo eine Bauleitplanung ansteht. Auch da gilt nach dem Gesetz: "Die Öffentlichkeit ist möglichst frühzeitig über ... die voraussichtlichen Auswirkungen der Planung öffentlich zu unterrichten; ihr ist Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung zu geben."

Dass bei dieser frühzeitigen Beteiligung eine ablehnende "öffentliche Stimmung" entstehen kann, folgt aus der Natur der Sache. Dann sind sowohl das Unternehmen, das sich ansiedeln will, wie auch die Politik gefragt, den Diskurs zu moderieren. Dazu gehört auch, andere Standorte zu erwägen oder etwa Vorhaben zu verkleinern. Ohne eine solche Moderation provoziert die Politik geradezu den Rückzug von Unternehmen. Bürgern anschließend vorzuwerfen, sie verweigerten sich Zukunftsprojekten, ist dreist. Die Verweigerer, das sind Politiker, die Einwände ignorieren und sich tadelnd zu Wort melden, wenn die Sache schief gegangen ist. Sie sollten nicht Bürger bashen, sondern ihre Arbeit tun.

Quelle: landsbergblog, www.landsbergblog.info. Zurück zum Artikelfeed