Begrabenes Kriegsbeil

Mittwoch, 23.11.2022

Es ist ein Weihnachtsmärchen: In zehn Tagen, am 3. Dezember, führen Vertreter der Stadtverwaltung, der Stadtwerke und der „Interessensgemeinschaft Inselbad“ eine gemeinsame Informationsveranstaltung zur Umgestaltung des Inselbads durch. Alle Bürger sind eingeladen, daran teilzunehmen und mitzuwirken.

Diese Ankündigung ist eine kleine Sensation. Denn bislang gab es um die Zukunft des Inselbads einen kräftigen Kompetenzkonflikt. Es kamen viele strittige Themen zusammen: Wer haftet, wenn am Lechstrand etwas passiert? Warum wurde der Sprungturm ohne Vorankündigung abgebaut? Sollen Badende, die länger verweilen wollen, wirklich nur reduzierten Zugang zur Gastronomie haben? Eine gemeinsame Erörterung dieser Fragen fand nicht statt, jedenfalls keine, die Klarheit geschaffen hätte.

Dabei ist die Sache einfach: Die Stadt hat die Stadtwerke aus fiskalischen Gründen mit dem Betrieb des Inselbads betraut. Dieser Auftrag umfasst nicht auch die Planung der Bad-Zukunft; jedenfalls war das nie so gedacht. Theoretisch könnte der Stadtrat daher beschließen, das Inselbad für die Zeit der Planung zur Stadt zurückzuholen, die Neugestaltung vorzunehmen und den Betrieb des veränderten Bades wieder an die Stadtwerke zu delegieren. Deswegen konnte man eigentlich damit rechnen, dass die Stadtwerke von Anfang an im Konsens mit dem Stadtrat vorgehen würden. Auch hätte man einen sensiblen Umgang mit der Bürgerschaft und den Inselbad-Kunden erwartet. Aber das Kommunalunternehmen preschte vor und präsentierte bereits früh und ohne Vorankündigung einen ausgearbeiteten Entwurf.

In der Folgezeit trat ein Aspekt in den Mittelpunkt: die Ganzjahresnutzung des Hauptgebäudes. Betriebswirtschaftlich ist sie sinnvoll und es gibt manches, was man sich dort vorstellen kann. Aber die Idee verengte sich auf das Thema Gastronomie. Plötzlich stand eine Ganzjahres-Zweiklassengesellschaft bestehend aus Inselbad-Besuchern und Gastronomie-Gästen im Raum. Weder der Stadtrat noch die Oberbürgermeisterin, die auch dem Verwaltungsrat der Stadtwerke vorsteht, beendeten den Spuk beizeiten. Das tat erst die Bürgerversammlung; ihr Votum für einen offenen Zugang der Inselbad-Besucher zur Gastronomie wirkte nachhaltig; der Vorschlag ist endlich vom Tisch.

Um auch die anderen Entscheidungen – insbesondere zur Optik des neuen Hauptgebäudes und zur Verlegung des Baby- und Nichtschwimmerbeckens – auf eine breite Basis zu stellen, hat man sich nun offenbar verständigt, das Kompetenz-Kriegsbeil zu begraben und die Sache öffentlich zu erörtern. Das dürfte insbesondere die Stadträte freuen, die diese Veranstaltung als Pflichttermin ansehen sollten. Vielleicht sind da auch Lehren aus dem Thema „Nord- oder Süd-Anbau an die Schlossbergschule“ im Spiel; ein ähnlich transparentes Vorgehen schon in der Planungsphase hätte den Bürgerentscheid wohl überflüssig gemacht. Aber egal: Mit dem jetzigen Vorgehen geben alle Seiten ein Stück Souveränität auf, um sie gemeinsam umso effektiver auszuüben. Unterstellt man, dass der Stadtrat anschließend noch einmal ins Spiel kommt (wegen der Finanzierung des Vorhabens und der zu erwartenden Defizite ist das wohl zwingend), dann ist man auf gutem Weg. So löst man Konflikte, so gewinnt man Handlungsfähigkeit. Warum geht das nicht immer so?

Quelle: landsbergblog, www.landsbergblog.info. Zurück zum Artikelfeed