Fahren Sie rechts ran

Mittwoch, 23.12.2020

Schadenfreude ist die schönste Freude, sagt der Volksmund. So eine Freude genießt gerade der halbe Landkreis und Medien füllen Zeitungsseiten damit. Natürlich ist es unintelligent und unkoordiniert, wenn die Grünen für eine Verschiebung der Kreistagssitzung plädieren und einige von ihnen kurz zuvor - nach einer Sitzung des Marktgemeinderats in Dießen - noch am Buffet zugreifen. Sie hätten protestieren und nach Hause gehen sollen. Die Nicht-Abstinenz belegt ein weiteres Mal, dass wir immer noch nicht verinnerlicht haben, in der Corona-Krise auf bestimmte Annehmlichkeiten und Formen des Zusammenseins zu verzichten. Wir sind insofern Grenzgänger im Wunderland.

Allerdings war der Vertagungsgedanke nicht abwegig - in Landsberg hat man die letzte Sitzung, bei der es auch um die Verabschiedung des Haushalts ging, ebenfalls in den Januar verschoben. Außerdem hat die Initiative der Grünen zu einer kurzfristigen Verlegung und Absicherung der Kreistagssitzung sowie zu einer Verkürzung der Sitzungsdauer geführt - dort kommen samt Hauptamtlichen immerhin mehr als 70 Personen zusammen, in Dießen sind es weniger als halb so viel. Und, nicht zu vergessen: Nicht die Grünen haben das Buffet bestellt, sondern die neue Bürgermeisterin, die beim Ausschenken von Wein und Bier wohl ziemlich gedankenlos an die Tradition angeknüpft hat.

Insgesamt ist die politische Stimmung im Landkreis nicht gut. Landrat Thomas Eichinger hat mit dem Haushaltsbeschluss zwar grünes Licht für erste Aufwendungen in Sachen "Neues Landratsamt" bekommen. Doch ist vielen Kreisräten und der Öffentlichkeit nicht entgangen, dass aus der Zusammenlegung der Außenstellen des Amtes, die vor allem mit der Einsparung von Kosten begründet wurde, der Bau einer repräsentativen Zentrale mit Landratsbüro und Sitzungssaal geworden ist. Das ist eine umgekehrte Erosion: Hier blättert nichts ab, hier kommt immer noch etwas scheibchenweise dazu. Die Freigiebigkeit des Bundes und der Länder in Sachen Corona-Ausgleich scheint negativ abzufärben. Nur kommt das Geld bei Bund und Land den Unternehmen und Freiberuflern zugute - hier geht es um Schuldenmachen in eigener Sache. Bei der Erweiterung des Klinikums steuert man ein wenig in die gleiche Richtung. Hier sollte man genau hinschauen, was notwendig und was wünschbar ist, was Erweiterung und was Diversifikation.

Die Zeit vor den Feiertagen war insgesamt durch Hektik geprägt. Das haben Angehörige von Verwandten, die in Heimen leben, hautnah gespürt. Nachdem die Staatsregierung die Fristen für den obligaten Corona-Test bekanntgegeben hatte, blieb das Landratsamt zunächst stumm. Glücklicherweise gelang dann noch die Einbeziehung der Ehrenamtlichen. Die Politik sollte, anstatt Tagesordnungen abzuarbeiten, die jetzt entstehenden Pause, die für eine Reihe von Bürgermeistern sogar eine Zwangspause ist, zur Entschleunigung nutzen. Fahren Sie mal rechts ran, steigen Sie bitte aus, holen Sie tief Luft. Überlegen Sie, was im Januar Vorrang hat und welche Beschlüsse Sie vielleicht erst einmal nicht in die Wege leiten sollten. Erkennen Sie die Chance der Krise! Wir werden 2021 nicht alles so weitermachen können wie bisher. Nachdenken, neu gewichten, neue Schwerpunkte - und bitte nicht an sich, sondern an die Bürger denken.

Quelle: landsbergblog, www.landsbergblog.info. Zurück zum Artikelfeed