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Den Spuk beenden

Mittwoch, 14.06.2020

Einer der Bestandteile journalistischer Qualität ist personelle Kontinuität. Wer zu wiederkehrenden Ereignissen wie Stadtratssitzungen immer andere Journalisten schickt, kann nicht mehr unterscheiden, was neu und ist und was nicht. Da wird dann, wie soeben bei der hiesigen Tageszeitung, etwas zum "Knüller", was längst bekannt ist. Dass der Kulturbau im Papierbach-Areal fast 21 Meter hoch werden könnte, ist keineswegs eine "Überraschung", die "Erstaunen" hervorruft. Das hatte der Stadtrat nämlich schon im September 2019 erfahren - und der damals zur Sitzung geschickte Redaktionskollege hatte daraufhin geschrieben, das seien "interessante Neuigkeiten".

Was ist wirklich passiert? Wer den Hintergrund nicht kennt, könnte glauben, dass Investor ehret + klein eine Salamitaktik verfolgt. Erst stellt man einen 14,5 Meter hohen Bau in Aussicht. Dann werden 16,5 Meter daraus. Und zum Schluss soll die Höhe über 20 Meter betragen und damit einen Spitzenwert im Gebiet darstellen. Doch, Vorsicht: Der Bebauungsplan wurde fertig, bevor der Architektenwettbewerb entschieden war. Dass im ersten Schritt zwei Meter Höhe dazukamen, lag an der Jury, der auch Vertreter des Stadtrats angehörten. Die Fach- und Sachpreisrichter entschieden sich, bewusst von der Planvorgabe abweichend, für den Entwurf von Franziska Ebeler von Staab Architekten aus Berlin. Das war im Juni 2017.

Der Grund dafür war, dass Ebeler der Idee am nächsten kam, einen "florierenden Ort der Begegnung" zu schaffen, "eine Versammlungsstätte, die kulturelle Arbeit ermöglicht", bestehend aus einem Stadtsaal und Workshop-Räumen, "nicht übertrieben weltstädtisch, sondern ein Stück Landsberg". Der Saal und die Nebenräume sollten auch für Tagungen genutzt werden und "Konferenzen und Seminare nach Landsberg bringen". Der Investor versprach einen "multifunktionalen Veranstaltungsraum als lebendigen Treffpunkt für kulturellen Austausch und kreatives Miteinander".

Dann, im Herbst 2018, forderten Kulturschaffende rund um Wolfgang Hauck plötzlich, den Schwerpunkt nicht wie geplant auf Vorträge, Theater, Kabarett, Ausstellungen und Kunstworkshops zu legen, sondern einen Konzertsaal zu bauen. Da liegt der Fehler: Der Stadtrat schaute sich dieses Treiben schweigend an. Und Investor ehret + klein änderte sogar die Planung, gab eine neue Deckenhöhe vor und schwenkte zum zweiten Sieger des städtebaulichen Wettbewerbs um, da sich das Büro, das Platz 1 belegte, zu einer Neufassung außerstande sah. Außerdem verlegte er das Hotel vom ehemaligen Verwaltungsgebäude in die zentrale Achse des Areals, damit von dort auch die Betreuung erfolgen kann.

Bei allem Respekt vor dem Engagement Einzelner: Die Planungshoheit liegt immer noch bei der Stadt. Und Investoren brauchen dann ab und an auch mal ein Signal, damit sie wissen, woran sie sind. Schon Ende 2018 hätte der Stadtrat in Sachen Konzertsaal die Reißleine ziehen müssen. Niemand will ihn. Und niemand will auch das Defizit tragen, das er wohl produzieren wird. Im Herbst 2019 wäre dann nochmal die Gelegenheit gewesen, zum Ausdruck zu bringen: Zwei Meter mehr Höhe, das ist ok. Das Hotel an dieser Stelle, das ist eine gute Idee. Aber etwas anderes als die ursprünglich geplanten Kulturräume, das tragen wir nicht mit. Man hätte dem Spuk längst ein Ende bereiten sollen. Jetzt wird es dafür höchste Zeit.

Quelle: landsbergblog, www.landsbergblog.info. Zurück zum Artikelfeed