Aufbruch auch hier

Montag, 27.09.2021

Die Bundestagswahl hat bestätigt: Die Wähler wollen den Aufbruch in eine neue Zeit. Sie wünschen sich eine klimaorientierte Wirtschaftspolitik, das Ende von Wohnungsknappheit und Mietsteigerungen, die Sicherstellung der persönlichen Altersversorgung, die Reduzierung eklatanter Einkommensunterschiede, das Aus für europäische Steueroasen, eine effektive Verwaltung bis in den letzten Winkel und mehr Erfolg bei der Einführung neuer Technologien. In welcher Konstellation der Wählerwille erfüllt wird, mag unklar sein; vorbeigehen kann an ihm aber niemand.

Auch bei uns wird dieser Aufbruch spürbar sein. Wenn man die Parteien an ihren Programmen misst, werden die Kommunen verbindliche Ausbauziele für erneuerbare Energien erfüllen müssen. Sie werden bei der Verkehrswende in die Pflicht genommen, insbesondere in Sachen Öffentlicher Nahverkehr und Radwege. Es wird erwartet, dass sie Freiräume durch eine geänderte Straßenverkehrsordnung nutzen. Der Bund wird verbindliche Vorgaben für die digitale Verwaltung geben. Er wird darauf drängen, dass die Städte den kommunalen Wohnungsbau drastisch verstärken.

Nur Programmatik? Sicher nicht. Die Lage nach der Bundestagswahl vom Sonntag ist anders als früher. Jede der beiden nun greifbaren Dreier-Koalitionen erlaubt entscheidende Punktgewinne in Deutschlands Abstiegskampf. Wenn wir die Mittelmäßigkeit bei der Zielerreichung, die fast zur Verzweiflung führende Ineffektivität von Politik und Verwaltung, die dazu in einem völligen Missverhältnis stehende Selbstzufriedenheit von Amts- und Mandatsträgern und das föderale Regelungschaos jetzt nicht in den Griff bekommen, was soll dann aus diesem Land werden? Es ist die letzte Chance.

Nun wird über Koalitionen und über einen Koalitionsvertrag verhandelt und sowohl Bürger wie Unternehmen tun gut daran, sich einzumischen. Danach ist es erfahrungsgemäß zu spät. Beispiel "Übernahme des CO2-Anteils an den Heizkosten durch Vermieter" (Grüne). Schon jetzt sagen Wohnungsexperten voraus, dass dies zur Benachteiligung von Senioren führt, die nicht morgens zur Arbeit fahren - sie haben höhere Heizkosten als andere und wären nach dem neuen Modell als Mieter zu vermeiden. Beispiel "Streichung der Steuerfreiheit beim Verkauf einer Wohnung nach zehn Besitzjahren" (SPD). Das wäre ein Rückschlag für alle, die selbst für ihre Altersversorgung gesorgt haben und den Verkaufserlös im Alter ohne Minderung benötigen. Wer nicht verkaufen muss, dürfte sich im Übrigen zweimal überlegen, ob er ungenutztes Eigentum auf den Markt zurückführt.

Die inhaltlichen Gespräche sind daher entscheidend. Nun muss es gelingen, das Momentum der Wahl über Verwaltungsgrenzen hinweg in überzeugendes effektives Handeln umzusetzen. Jetzt muss der Ruck durch Deutschland gehen, von dem schon vor Jahren die Rede war. Dabei kommt es allerdings darauf an, das Kind nicht mit dem Bade auszuschütten. Das ist den potentiellen Koalitionären von Berlin zu wünschen: dass sie mit Mut, Geduld, Verstand und Geschick agieren und die Folgen sorgfältig bedenken. Gelingt dies, sind wir überall, auch in der Region Landsberg, am Sonntag ein Stück weiter gekommen.

Quelle: landsbergblog, www.landsbergblog.info. Zurück zum Artikelfeed