Stümperhafter Softwarekauf

Mittwoch, 28.04.2021

Der Landkreis Landsberg hat erfreut bekannt gegeben, dass nun auch hier die Luca-App eingesetzt werden kann. Die Technik stehe, die letzten Tests im Gesundheitsamt seien erfolgreich gelaufen. Landrat Thomas Eichinger gebe daher "offiziell den Startschuss" für den Einsatz im Landkreis Landsberg. "Wir hoffen nun, dass möglichst viele Geschäfte, Gastronomiebetriebe, Veranstalter, Vereine, Betriebe, Bildungseinrichtungen, Behörden und natürlich unsere Bürgerinnen und Bürger im Landkreis die Luca-App nutzen. Damit hätte die Zettelwirtschaft weitgehend ein Ende und die Kontaktnachverfolgung bei Bedarf wäre wesentlich einfacher und schneller abzuarbeiten", so der Landrat.

Das ist eine gute Absicht, wenn die App denn funktionieren würde. Drei Tage lang haben wir versucht, sie unter Android 10 und 11 zum Laufen zu bringen. Man soll eine Festnetz- oder eine Mobiltelefonnummer eingeben. Damit man nicht irgendeine Nummer nennt, erhält man einen Anruf (Festnetz) oder eine SMS (Mobilfunknetz) mit einem Code. Wir gaben zunächst unsere Festnetznummer ein, aber schon das Abschicken dieser Nummer scheiterte an einem wiederholten "Error 400 Bad Request". Anschließend versuchten wir es mit einer Mobilfunknummer, doch die versprochene SMS mit der angekündigten "TAN" blieb aus. Auch die erneute Eingabe der Telefonnummer mit vorgeschaltetem +49 und der Vorwahl ohne 0 führte nicht weiter. Damit war die App nicht einsetzbar. Andere Registrierungswillige erhielten die Fehlermeldung "Anfragelimit erreicht" sowie den "Error 403 Forbidden". Die Reaktionen sind folglich überwiegend negativ. Über die Hälfte der Nutzer, die eine Rezension verfassten, gaben eine Ein-Stern-Bewertung ab: Funktioniert nicht. Auch das Ein- und Auschecken in Geschäften bereitet Probleme; einige Anwender wurden nach vier Stunden aufgefordert, sich endlich aus dem Geschäft auszuloggen. "Pfusch am Bau", schrieb ein Nutzer im Android App Store, "solange die sich nicht helfen lassen, klare Warnung vor der App!" Ein anderer forderte: "Die öffentliche Hand sollte die Lizenzgebühren für diese App zurückverlangen".

"Dank kräftiger Werbung durch den prominenten Investor Smudo konnte das frisch gegründete Start-up culture4life binnen wenigen Monaten über 20 Millionen Euro an Steuergeldern von unterschiedlichen Bundesländern einsammeln", berichtete netzpolitik.org am Wochenende. Warum die Länder vorab Jahreslizenzen erworben und pauschal bezahlt hätten, sei unerfindlich. In der Software-Industrie setzten sich immer mehr nutzungsabhängige Preismodelle durch. Damit werde das Risiko gleichmäßig auf Anbieter und Käufer verteilt. Außerdem fehle es im vorliegenden Fall an Referenzkunden. Die Länder hätten "die Katze im Sack" gekauft. Und die nachgeordneten Behörden preisen sie trotz aller Probleme an. netzpolitik.org schreibt: "Von Luca selbst ist bekannt, dass Vorleistungen in elastischen Preismodellen eingekauft werden. Dank des stümperhaften IT-Einkaufs durch einige Bundesländer wird das Geschäft für Luca also genau dann besonders profitabel, wenn es tatsächlich kaum jemand nutzt. In zahlreichen Bundesländern ist das Kind bereits in den Brunnen gefallen. Kaufen weitere Bundesländer Luca nutzungsunabhängig ein, darf man das durchaus als fahrlässig bezeichnen."

Quelle: landsbergblog, www.landsbergblog.info. Zurück zum Artikelfeed