Echte Leistung

Mittwoch, 28.07.2021

Seit die Stadtwerke ihre lokalen Pressemitteilungen von einer PR-Agentur aus dem württembergischen Engstingen anfertigen lassen, schauen wir genauer hin. Das "Nun ist er weg"-Frohlocken zum Sprungturm im Inselbad hat uns gereicht. Vergangene Woche kam die Presseerklärung zum Jahresabschluss 2020. Und wieder trauten wir unseren Augen nicht: Im ganzen Text zur Bilanz steht nur ein einziger Betrag, nämlich der Jahresverlust von 350.000 Euro. Der Rest ist Glaube, Hoffnung, Zuversicht - und jede Menge Zeilenschinderei.

Wir finden beispielsweise nichts über die Aufteilung der Verluste. Nichts über die Entwicklung im Jahresvergleich. Da steht noch nicht einmal, dass die Stadtwerke nur die Hälfte dessen investiert haben, was sie eigentlich investieren wollten. Es kann doch nicht angehen, dass das kritiklos als Bericht über den Jahresabschluss durchgeht; demnächst nehmen wir dann hin, dass gar keine Zahl mehr drinsteht und uns der wirtschaftliche Erfolg des Kommunalunternehmens vom Vorstand per Daumenstellung signalisiert wird.

Manche Angaben sind sogar irreführend. Da steht, die Stadtwerke hätten ein "Plus beim Wasser verbucht" und seien bei der Entwässerung "im Plus geblieben". Zweimal Plus, das hört sich gut an. Nun dürfen die Stadtwerke am Wasser aber gar nichts verdienen. Gewinne führen nach Abzug erforderlicher Investitionen zur Reduzierung künftiger Zahlungen; das Geld ist nur geliehen. Das wird mit dem Hinweis "Hier gilt das Prinzip der Kostendeckung" in einem Halbsatz auch eingeräumt. Was soll dann das "Plus"-Selbstlob? Vermieter rühmen sich ja auch nicht damit, sie hätten bei den Nebenkostenvorauszahlungen ihrer Mieter einen erfreulichen Überschuss erzielt. Scheingewinne bucht man nicht. Eigentlich dürfte, bei primär wirtschaftlicher und nicht buchhalterischer Betrachtung, Gewinne beim Wasser gar nicht in die Jahresrechnung einfließen. Aber dann wären wir bei einem Verlust der Stadtwerke im Jahr 2020 von anderthalb Million Euro.

Und noch etwas erschreckt uns. Die Stadtwerke haben dem Anspruch nach nur zwei Verlustbringer, das Inselbad und die Parkgaragen. Das Stromgeschäft sollte eigentlich die dort erzielten Defizite ausgleichen. In Wirklichkeit ist die Stromversorgung die wahre Ursache für das schlechte Jahresergebnis 2020. Das Stromgeschäft belastet das Unternehmen, anstatt es zu entlasten. Die Stadtwerke schleppen eine "Nullnummer" mit. Und das obwohl die Entwicklung der Kundenzahlen im Jahr 2020 der Erklärung zufolge "mehr als positiv" gewesen ist; sie stieg um fünf Prozent. Aber die Handelnden wissen selbst: Diese fünf Prozent haben sie sich durch enorme Stromvertriebskosten teuer erkauft. Dennoch steht in der Erklärung, das Unternehmen sei "auf dem richtigen Weg". So etwas schreibt meist, wer sich an das Ziel nicht mehr erinnern kann. Das wird nämlich nicht erreichbar sein. Ein positiver Deckungsbeitrag in Millionenhöhe für Inselbad und Parkgaragen? Ausgeschlossen.

Trügerisches Wasser-Plus, Millionen-Ersparnis durch verschobene Investitionen, kaum Perspektive in Sachen Strom - das alles umschifft die Presseerklärung der Stadtwerke mit Akribie. 4.200 Zeichen ohne Substanz, das ist eine echte Leistung. Eines ist allerdings erfreulich: Der Jahresabschluss 2020, nun ist er weg.

Quelle: landsbergblog, www.landsbergblog.info. Zurück zum Artikelfeed