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Pressearbeit statt PR

Mittwoch, 29.04.2020

Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Der neue Stadtrat tagt zum ersten Mal. Die Oberbürgermeisterin tritt ihr Amt an. Zwei neue Bürgermeister werden gewählt. Dadurch entsteht, wenn alles wie geplant läuft, ein qualifiziertes Führungsteam, das sich auf eine breite Drei-Fraktionen-Mehrheit verlassen kann.

Für die Stadt ist diese Entwicklung zu begrüßen. Zuletzt war der Stadtrat politisch atomisiert. Viele Mitglieder des Gremiums hatten ihre eigene Agenda; Parteien und Fraktionen konnte man weitgehend vergessen. Und Vorbesprechungen entfalteten nur selten Gemeinschaft-stiftende Wirkung. Der Nebeneffekt: Wer Chaos wollte, konnte Chaos sähen.

Die neue Führungsriege hat das sechs Jahre lang miterlebt. Jetzt will sie eine Wende. Es ist die richtige Zeit dafür. Die Stadt hat sich zwar aus ihrer finanziellen Misere der Jahre 2008 bis 2012 befreit. Aber nun verliert sie wie fast alle Kommunen durch die Corona-Folgen ihre Handlungsfähigkeit. Zu verkraften sind massive Einnahmenrückgänge bei der Gewerbe- und der Einkommensteuer sowie bei Entgelten und Gebühren. Gleichzeitig sind außergewöhnliche Aufwendungen zu stemmen, insbesondere zum Wiederaufbau der Innenstädte.

Die neue Stadtführung sollte ihren Amtsantritt mit einer neuen Pressearbeit verbinden. In den vergangenen Jahren bestand sie vor allem aus amtlichen Mitteilungen und Erfolgsmeldungen. Ging etwas schief, war Stille im Wald. Immer wieder kam das alte Denken zum Vorschein: Die Medien sind die Protokollführer des städtischen Geschehens; sie sollen Bericht erstatten.

Der Anspruch der Bürger ist aber viel umfassender. Zurecht: Ohne Einordnung und Bewertung, ohne Recherche und Kommentierung, ohne investigativ zu sein ist lokale Presse gar keine Presse, jedenfalls keine, die Anspruch und Ziel der Pressefreiheit gerecht wird.

Wieso muss erst der KREISBOTE enthüllen, wer der Investor am Papierbach ist? Warum muss er erst aufwändig recherchieren, um zu erfahren, dass es Probleme beim Lechsteg-Bau gibt? Wieso muss er sich in Sachen LKW-Fahrverbot Landtags-Akten besorgen, um Stellungnahmen der Stadtverwaltung einzusehen? Das ist alles nicht nur überflüssig, sondern auch unklug. Denn letztlich kommt doch (fast) alles raus.

Genauso unklug ist es, die Presse als Überbringer von Legenden einzusetzen, etwa zur Verbreitung des Narrativs, der Kämmerer der Stadt habe vergangene Woche überraschend und auf alleinigen Entschluss mitten in der Krise das Handtuch geworfen. So stimmt das nicht und so sollte das auch niemand verbreiten.

In den vergangenen Jahren gab es, vom Jour fixe nach Gremiensitzungen abgesehen, keine regelmäßigen Hintergrundgespräche der Pressestelle mit den Journalisten. Das ist eine der Maßnahmen, die man der neuen Stadtführung empfehlen kann. Im politischen Berlin sind solche Treffen gang und gäbe. Dort gibt es auch klare Spielregeln dafür.

Und noch etwas gehört zu guter Pressearbeit: Das Hinhören vor Ort. Die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. Facebook-Checks vermitteln kein korrektes Bild. Was finden Landsberger gut? Was finden sie schlecht? Worüber machen sie sich lustig? Man muss in die Stadt eintauchen, um das zu erfahren. Viele Politiker wollen das aber gar nicht hören. Und sind dann ganz überrascht, wenn es plötzlich richtig knallt. Also: Pressearbeit statt PR. So gelingt der Neustart noch ein Stück weit besser.

Quelle: landsbergblog, www.landsbergblog.info. Zurück zum Artikelfeed